Neuer Run auf Peking , aber China ist längst da

Neuer Run auf Peking , aber China ist längst da
VdB, Kurz, Kneissl & Co besuchen eine Supermacht, die keine Grenzen kennt: „China First“ ist längst Alltag.
Josef Votzi

Josef Votzi

Die Vorauspropaganda aus dem Regierungsviertel überschlug sich in Superlativen: Österreichs Politik und Wirtschaft bricht heute „zum größten Staatsbesuch aller Zeiten“ auf. Präsident Alexander Van der Bellen, Kanzler Sebastian Kurz sowie je zwei blaue und zwei türkise Minister machen sich auf den Weg zu einer sechstägigen Visite quer durch China.

Im Schlepptau reisen rund 180 Manager und 30 Repräsentanten der Wissenschafts- und Kulturszene in Peking an. Alles in allem finden sich 250 Österreicher im Gefolge des Staatsoberhaupts ein. Für viele sind Business-Trips im Windschatten der Politik Routine. Nach dem Atom-Deal mit dem Iran und dem absehbaren Fall der Sanktionen nutzten 2015 rund 220 Wirtschaftsvertreter einen Staatsbesuch von Fischer, Kurz und Mitterlehner in Teheran als Türöffner. Eine derart vielköpfige und hochrangige heimische Politiker-Delegation wie dieser Tage im Reich der Mitte ist in der Tat einmalig.

Machen derartige Massenaufmärsche im Zeitalter von E-Mail, Videokonferenzen und Skype aber noch Sinn? China-Auskenner aus Politik und Wirtschaft sagen mit Nachdruck: Ja. Um in China, wo die Einheitspartei per Fünf-Jahresplan noch die Spielregeln vorgibt, Geschäfte zu machen, ist Klinkenputzen bei der Staatsführung nach wie vor ein Muss. Der vormalige Bundespräsident Heinz Fischer war acht Mal in offizieller Mission in China. Der Sozialdemokrat bewegte sich in der strengen Funktionärshierarchie der Staatswirtschaft so bald wie ein Fisch in Wasser. Vizeminister für Orchideenressorts von gestern saßen ihm im Laufe der Jahre als Machthaber von morgen gegenüber. So gut wie immer an Fischers Seite war Christoph Leitl, der ab heute zum letzten Mal als Wirtschaftskammer-Chef die Manager-Delegation anführt. Das erfolgreiche Doppelpass-Spiel des rot-schwarzen Duos bei Staatsvisiten ist unter Top-Managern legendär.

Xi Jinping nutzt dreist Trumps Schwäche

Auf VdB, Kurz, Kneissl & Co warten in China neue Herausforderungen. Zunehmender Druck der EU für echte Marktöffnung und fairere Wettbewerbsbedingungen werden in Peking mit höflichen aber zähen Gesprächen erwidert. Gleichzeitig setzt China aber ungebrochen mit eiserner Hand auf wirtschaftliche Expansion – camoufliert von der romantischen Geschichte der Wiederbelebung der alten „Seidenstraße“. Auf der neuen Seidenstraße läuft der Warenverkehr freilich zunehmend einseitig.

2017 haben sich die Direkt-Investitionen Chinas in Europa verdoppelt und markierten mit 67 Milliarden Euro einen neuen Rekordwert. Gleichzeitig schrumpften die EU-Investments im größten Wachstumsmarkt der Welt auf acht Milliarden, dem niedrigsten Wert seit zehn Jahren.

Beim jüngsten Weltwirtschafts-Gipfel in Davos rief sich Staatspräsident Xi Jinping gar, ohne mit der Wimper zu zucken, zum Retter des freien Handels aus. Auch nur ein kurzes Rendezvous mit der Wirklichkeit zeigt: Gegen Chinas dreisten Mix aus aggressiver Expansionspolitik und hartnäckigem Protektionismus nimmt sich Donald TrumpsAmerica First“ -Gezeter harmlos aus.

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