Neue Strategie, alte Fehler

Eine Gruppe von Menschen sitzt an einem Tisch während einer Konferenz.
Ein Aus für die Corona-Quarantäne ist ein großer, aber richtiger Schritt. Das gehört aber besser vorbereitet und kommuniziert.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Es ist ein mutiger Schritt, den die türkis-grüne Bundesregierung da wagen will. Ein Aus für die Corona-Quarantäne stellt alle bisherigen Pandemie-Strategien auf den Kopf. Die Absonderung von Infizierten ist damit nicht mehr oberstes Gebot, Covid-19 wird von nun wohl nur noch als eine Art Grippe eingestuft sein, wenn auch mit etwas verschärften Rahmenbedingungen – etwa dem Tragen von Masken nach einem positiven Test – im Vergleich zu einer normalen Influenza.

Jetzt gibt es natürlich Experten, die sich vehement dagegen aussprechen, andere befürworten diese Neuausrichtung. Deswegen bleibt es letztendlich eine politische Entscheidung, ob es im Herbst noch Quarantäneregeln geben wird oder nicht. Und Gesundheitsminister Johannes Rauch von den Grünen ist auch gewillt, das durchzuziehen. Richtigerweise bundesweit, ohne Quarantäne-Ausnahmeregeln für die Bundeshauptstadt Wien. Den Corona-Fleckerlteppich haben die meisten Menschen mittlerweile satt.

Aber wird es dieser Bundesregierung auch gelingen, die Bevölkerung auf den neuen Weg mitzunehmen? Wenn man den Bund-Länder-Gipfel vom Montag hernimmt, sind Zweifel daran mehr als berechtigt. Im Vorfeld waren bereits Details zu möglichen Verordnungen durchgesickert. Mit teilweise kuriosen Ausführungen wie der Möglichkeit von eigenen Betriebsräumen für Infizierte. Eine Klarstellung dazu von offizieller Seite gab es nicht. Vielmehr wurden die Menschen einem Gebräu von Vermutungen, Kritik, Befürchtungen und unzähligen unterschiedlichen Expertenmeinungen überlassen. Das ist das Gegenteil von klarer Kommunikation.

Weiters wurde vor dem Gipfel zwar mit den Sozialpartnern, aber nicht mit allen Landeshauptleuten gesprochen. Die SPÖ-Vertreter Michael Ludwig, Peter Kaiser und Hans Peter Doskozil ließen deswegen ihrem Ärger freien Lauf, womit das Video-Gipfeltreffen zwischen Bund und Ländern schon vor der Eröffnung unter keinem günstigen Stern gestanden ist.

Als negativer Höhepunkt publizierte dann das Gesundheitsministerium nach der Unterredung eine Aussendung, in der die Änderung der Quarantäneregeln nur noch als Nebenaspekt auftauchte, obwohl seit Tagen öffentlich über nichts anderes gesprochen wird. Das ist nicht mehr bloß verfehlte Kommunikation, das grenzt an Frotzelei.

Wenn wir nun mit der Corona-Pandemie anders umgehen sollen oder leben müssen, dann gehören noch viele Fragen geklärt. Der Bogen spannt sich vom Arbeitsrecht bis hin zum zwischenmenschlichen Zusammenleben. Das Virus hat uns sehr viel an Natürlichkeit und Eigenverantwortung geraubt. Dann brauchen wir aber auch eine Bundesregierung, die keine Angst hat, mit uns klar zu kommunizieren.

Porträt eines Mannes mit Brille vor dem Hintergrund „Kurier Kommentar“.

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