Ein Mini-Punkte-Sieg für Nehammer

Bundeskanzler Karl Nehammer
Das Wort „Zaun“ oder „Mauer“ ist auch in den allerneuesten Abschlusserklärungen des EU-Sondergipfels nicht zu finden. Die EU wird auch weiterhin kein Geld in die Hand nehmen, um an ihrer Außengrenze das Hochziehen von Mauern zu finanzieren.
Aber dennoch fuhr Bundeskanzler Karl Nehammer nach dem Migrationsgipfel, der nicht zuletzt überhaupt erst auf seinen Druck hin zustande kam, am Freitag zufrieden aus Brüssel nach Hause.
Mit gutem Grund: Die EU hat sich dazu bekannt, ihre Außengrenzen besser zu schützen, mehr finanzielle Mittel in die Hand zu nehmen. Sie hat ihre Entschlossenheit erneuert, strenger gegen Schleuser vorzugehen. Sie hat versprochen, Pilotprojekte an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei zu starten, die mit Fahrzeugen, Kameras, Straßen und Wachtürmen massiver gesichert werden soll. Sie will abgewiesene Asylwerber schneller und in viel höherer Zahl wieder in ihre Heimatländer zurückschicken.
Kurz gesagt: Die EU wird sich stärker abschotten. Und das sieht Nehammer durchaus als Ergebnis seines Forderns und nicht zuletzt seiner Blockadedrohungen: „Der Druck Österreichs hat sich ausgezahlt“, meint er. Zusammen mit den mit ihm in der Migrationsfrage verbündeten EU-Staaten (allen voran die Niederlande) hat er recht, das Thema Migration steht in Brüssel wieder auf der Tagesordnung weit oben. Die EU-Kommission kam ihm jetzt beim Gipfel ein wenig entgegen. Die Sprache in den EU-Gipfelerklärungen zum Außengrenzschutz wurde ein wenig klarer, ein wenig präziser, ein wenig zielgerichteter.
Aber das war es auch schon.
Denn: All das – das ewige Bekenntnis zum Außengrenzschutz – ist alles andere als neu. Derartige Forderungen sind schon in den ersten EU-Berichten nach der Flüchtlingskrise 2015 zu lesen. Vieles ist seither geschehen. Viel zu wenig allerdings, um die gesamte Migrationsproblematik zu lösen.
Aber der Kanzler sieht es als „seinen Erfolg“, dass Brüssel nun zusichert, künftig „Grenz-Infrastruktur“ zu finanzieren. Das ist von Kameras über Drohnen über Fahrzeuge alles, was zur Grenzüberwachung taugt. Alles - bis auf Stacheldraht oder Zäune und Mauern.
Doch seit auch Nehammer das Wort Zäune aus seinem Wortschatz gestrichen hat, kann auch der Kanzler mit diesem Angebot aus Brüssel gut leben. Er kann als Erfolg feiern, durchgesetzt zu haben, dass Grenzen effizienter geschützt würden.
Mit diesem Ergebnis gestärkt, wird es für Österreich gesichtswahrend möglich sein, auch das Veto gegen Bulgariens und Rumäniens Schengenbeitritt in absehbarer Zeit wieder aufzuheben.

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