Nationalstadion: Träume in der Warteschlange

Aufnahmestelle von Ukrainer Flüchtlinge im Ernst-Happel-Stadion
Im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion wird am Samstag in der Schlange vor den Toiletten der Wunsch nach einem Nationalstadion wieder groß sein.
Karoline Krause-Sandner

Karoline Krause-Sandner

Wenn am Samstag das österreichische Fußball-Nationalteam der Männer mit dem Match gegen Rumänien in die WM-Qualifikation startet, wird das 94 Jahre alte Ernst-Happel-Stadion voll sein. Die Schlangen vor den Sektoren werden wie so oft noch während der Hymnen lang sein. Wer sich im Stadion ein Getränk holt, wird wohl einen nicht unerheblichen Teils des Spieles verpassen. Zeit genug, um den Traum eines Nationalstadions zu träumen.

Ein neues Stadion sei nicht das Erste, an das sie denke, sagte Sport-Staatssekretärin Michaela Schmidt jüngst im KURIER-Interview mit Blick auf das nötige Sparprogramm. Und auch die neue Regierung der Stadt Wien bekennt sich in ihrem aktuellen Regierungsprogramm explizit zum Ernst-Happel-Stadion als Veranstaltungsstätte – der Traum einer großen modernen Event- und Sportarena verschwimmt damit am Horizont.

„Die Stadt Wien verfolgt das Ziel, weitere Großevents aus den Bereichen Unterhaltung, Sport, Messen oder E-Sports-Veranstaltungen mit touristischer Anziehungskraft für Wien zu gewinnen“, heißt es im Regierungsprogramm. 

Aber, bitte wo? Man muss ja nicht gleich mit London (Wembley), Paris (Stade de France) oder Madrid (Bernabeu) Vergleiche ziehen. Aber in etlichen Städten, die kleiner sind als Wien, stehen entsprechende Arenen. Die französische Stadt Lille etwa, mit rund 240.000 Einwohnern in etwa so groß wie die Donaustadt, ziert mit dem Stade Pierre Mauroy ein Bauwerk, das vom 50.000-Zuschauer-Fußballstadion bis zur 30.000er-Event-Halle alle Stückeln spielt.

Die Wiener Stadthalle wurde vor 67 Jahren eröffnet und entspricht längst nicht mehr modernen Standards. Seit Jahren wird in der Hauptstadt eine Eventhalle für 20.000 Zuschauer in Neu Marx angekündigt – das Datum des Baubeginns steht allerdings immer noch nicht fest. Die Sport-Infrastruktur lässt nicht nur in Wien, sondern im ganzen Sportland Österreich zu wünschen übrig. 

Ein Loch im Rasen des Happel-Stadions ist ebenso Teil des Problems wie schmelzendes Eis in der Steffl-Arena oder ein Grazer Stadion, das nicht tauglich für die Champions League ist. In ganz Österreich gibt es aktuell nur fünf überdachte 50-Meter-Schwimmbecken zum Trainieren, nur drei vom Weltverband zertifizierte Leichtathletik-Anlagen – keine davon in Wien. In der Hauptstadt könnten nicht einmal österreichische Staatsmeisterschaften stattfinden.

Aber vielleicht muss man ja nicht immer ganz so groß denken. Die neue Sport Arena mit 3.000 Plätzen auf dem Gelände des alten Dusika Stadions wird von vielen Seiten gelobt. Der Schwimmverband ist motiviert, eine Kurzbahn-EM nach Wien zu holen. Immerhin ist Österreich immer noch richtig gut im Ausrichten von Skirennen.

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