Nationalismus: Europas Bedrohung

Und hier sind sämtliche EU Flaggen, liebevoll gemalt von der 13-jährigen Liv.
Paul Schmidt

Paul Schmidt

Statt nationalen Egoismen brauchen wir effizientere Zusammenarbeit

von Mag. Paul Schmidt

über die aktuelle Entwicklung der EU

Europas Nationalstaaten stehen gehörig unter Druck. Globalisierung, Krisen, Kriege, Echtzeit-Kommunikation übersteigen ihren politischen Aktionsradius. Sie sind heute allesamt schlicht zu klein, um global eine ernst zu nehmende Rolle zu spielen. Nur, wer will das schon zugeben? Gleichzeitig wird die europäische Integration von vielen mehr als Teil der globalisierten Bedrohung als als Antwort darauf gesehen. Die Europäische Union ist in Entwicklung, im Um- und vielleicht Aufbruch, aber ohne Zieldefinition und Vision wirkt sie zu orientierungslos, um Sicherheit vermitteln zu können. Eine Lücke, die Verteidiger nationalstaatlicher Illusionen zu gerne füllen, um auf Stimmenfang zu gehen.

Nationale Egoismen

Das Konzept Nationalstaat wurde in den letzten Jahrhunderten als Raum politischer, kultureller und angeblich auch ethnischer Einheitlichkeit verinnerlicht. Vor allem letzteres hat sich als höchst problematisch erwiesen. Dennoch vermittelt der Nationalstaat in Zeiten rasanter globaler Veränderungen scheinbar Schutz und Geborgenheit während die relativ junge europäische Zusammenarbeit weder abgeschlossen noch friktionsfrei ist. Gerade simple, aber oft weltfremde Antworten finden in dieser Übergangsphase Zuspruch. Realistische Sachpolitik hingegen fällt auf weniger fruchtbaren Boden. Die Steuerung globaler Entwicklungen und eine faire Lastenverteilung haben bisher in der Wahrnehmung vieler einfach nicht funktioniert. Nationale Reflexe, abgehoben scheinende Eliten, unklare Positionierungen der etablierten politischen Mitte und europäische Regelungen, die zu sehr ins Detail gehen, verschärfen das Misstrauen. Die europäische Integration könnte Perspektive geben, ist aber nicht selbsterklärend. So lange sich die Menschen im Stich gelassen fühlen, scheinen viele für populistische Binsenweisheiten empfänglich. Weder die Wirtschafts- und Finanzkrise noch steuervermeidende Firmenkonstrukte, Klimawandel, Terrorismus oder Flüchtlingsströme scheren sich jedoch um nationale Grenzen. Statt nationalen Egoismen brauchen wir daher vor allem eine effizientere Zusammenarbeit in der EU. Eine klarere Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen nationaler und europäischer Ebene, die die politische Lösungskraft stärkt und damit auch den Erwartungen der Bevölkerung entspricht. Eine gemeinsame Handlungsfähigkeit, die uns letztlich zu jener Souveränität führt, die gerade durch nationale Selbstverzwergung verloren geht. Während eine konstruktive Politik bestrebt ist, Grenzen zu überwinden und geteilte Regionen wieder zusammenzuführen, arbeiten die destruktiven politischen Kräfte daran, neue Grenzen zu errichten. Der Nationalismus ist Europas größte, weil von innen wirkende, Bedrohung. Es ist höchste Zeit, dem entgegenzutreten und die Untauglichkeit kleinkarierter Heilsversprechen dort zu verorten, wo sie hingehören, auf den Kehrichthaufen der Geschichte.

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