Ende der Gemütlichkeit

Martina Salomon
Die Freude darüber, dass kaum mehr Flugzeuge über uns hinwegfliegen, wird bald von den wenig romantischen Folgen getrübt werden.
Martina Salomon

Martina Salomon

Geschichten über Ryanair-Besitzer Michael O’Leary kommen selten ohne Bezeichnungen wie „knallhart“ oder „gnadenlos“ aus. Ende Mai dürfte die österreichische Tochter der Billigfluglinie Geschichte sein, auch wenn der Flughafen Wien noch auf Verhandlungen hofft. Die Gewerkschaft wollte keine deutlich niedrigeren Löhne akzeptieren, obwohl 90 Prozent der Piloten zugestimmt haben. Sie sind jetzt arbeitslos in einer Branche, die für Jahre flügellahm bleiben wird. Mit einem O’Leary funktionieren österreichische Sozialpartner-Usancen eben nicht. Überraschend kommt das alles nicht. Als der schlaue Fuchs Niki Lauda seine Anteile im Jänner 2019 an Ryanair verkaufte, war es nur seinem Legenden-Status zu verdanken, dass die Reaktionen nicht unfreundlicher ausfielen.

Die Laudamotion-Bruchlandung ist ein Vorgeschmack darauf, was nun bevorsteht. Die Globalisierung, von der viele glaubten, sich nach dieser Krise verabschieden zu können, wird uns stärker als davor erreichen. Auf Dauer wird „der Staat“ (also wir) Firmen, die in der Nach-Corona-Zeit kein Geschäftsmodell mehr haben werden, nicht finanzieren können. Genauso wie die zahlreichen „geschützten“ Bereiche. Unternehmer, die jetzt pleitegehen, und Arbeitnehmer, die ihren Job verlieren, haben kein Verständnis für die diversen „Privilegienstadel“. (Dass zum Beispiel ein Ex-Casinos-Chef Rechtsanspruch auf eine Pension von 600.000 Euro im Jahr für seine risikolose Tätigkeit hat, ist absurd.)

Die Krise wird in vielen Firmen Sparpakete auslösen, weil die Effizienzpotenziale deutlicher und die Aufträge weniger wurden. Bei so massiv steigender Arbeitslosigkeit ist auch nicht mehr erklärbar, dass man für unbequeme Jobs Tausende Menschen aus dem Ausland hereinkarren muss. Wir werden uns darüber unterhalten müssen, ob die Gehälter unangemessen niedrig oder die Sozialleistungen zu leistungsfeindlich sind (möglicherweise beides). Digitalisierung und Homeoffice bzw. Homeschooling haben einen – längst fälligen – Sprung nach vorne gemacht. Inklusive Internetshopping: ein Drama für den Handel. Der regionale Einkauf ist oft nur Theorie, die Schnäppchenjagd auf Plattformen, die keine Wertschöpfung im Inland erzeugen, aber Realität. Da ist mehr Innovationsgeist gefragt, um der Online-Konkurrenz Paroli zu bieten.

Und wie könnte eine Ökowende ausschauen, die das Wachstum nicht so brutal abwürgt, wie wir es gerade erleben? Die Freude darüber,

dass kaum mehr Flugzeuge den Himmel durchpflügen, wird bald von den weitaus weniger romantischen Folgen getrübt. 300 demnächst arbeitslose Ryanair-Mitarbeiter und Zehntausende andere können davon erzählen. Nach der Krisenbewältigung braucht es eine Vision, auch seitens der Europäischen Union, wie diese neue Welt gestaltet werden soll. Damit wir bald wieder neu durchstarten können.

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