Mode und Müll
Diese Waschzettel werden mir langsam unsympathisch.
Aus dem Waschzettel in meinem neuen T-Shirt könnte ich einen Rock schneidern. Der eingenähte Zettel ist gefühlt drei Meter lang und hat etwas von einem multilingualen Wörterbuch.
Ich weiß jetzt, was auf Niederländisch, Russisch, Italienisch und in mehr als zwanzig weiteren Sprachen "Hergestellt in Bangladesch" heißt. Zudem, dass das T-Shirt zu 100 Prozent aus Polyester gefertigt ist. Also in etwa aus demselben Rohstoff wie das Plastiksackerl, in dem ich es nach Hause getragen habe.
Fairnesshalber muss ich sagen, es hat auch nur unwesentlich mehr gekostet als das Kunststoffsackerl, für das ich an der Kassa eine "Umweltgebühr" ablegen durfte – als Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich nicht so viel Müll produzieren soll.
Dank dem Waschzettel ist mir jetzt bewusst: Mein T-Shirt ist nichts Besonderes. Es kommt aus Bangladesch, so wie jedes zweite neu hergestellte T-Shirt auf der Welt. Es enthält Polyester, so wie weit mehr als die Hälfte der neu auf den Markt geworfenen Teile. Und es ärgert Umweltschützer, unter anderem weil Polyester ein paar Hundert Jahre braucht, bis er verrottet.
Keine schönen Aussichten, wenn man bedenkt, dass jährlich 100 Milliarden neue Kleidungsstücke in die Geschäfte gepresst und eher früher als später entsorgt werden. Oft über den Umweg der Altkleidersammlung. Die Kleidungsstücke landen in Regionen, in denen es keine Müllentsorgung gibt – von diversen Lichtungen im Wald einmal abgesehen.
Ich fühle mich fast wie ein Weltverbesserer, weil ich auch einen Bio-Baumwoll-Pulli gekauft habe. Bis ein Modekenner kommt und mir erklärt, dass da sicher Kunststoff beigemengt ist, was ich auf dem Waschzettel – der sicher aus Polyester ist – nachlesen kann. Diese Waschzettel werden mir langsam unsympathisch.
Jetzt wirbt ein Modehaus mit einer Kollektion aus 100 Prozent Naturmaterialien – alles öko, inklusive Waschzettel. Man kann das Teil also getrost am Komposthaufen entsorgen. Binnen elf Wochen beginnt es zu verrotten.
Ich bin erleichtert.
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