Schmerz und Mitgefühl

Schmerz und Mitgefühl
Die Empfindung von körperlichem Schmerz kann sehr individuell sein. Vom Leid anderer zu hören, sollte jedem zumindest einen Stich versetzen.
Laila Docekal

Laila Docekal

Ihnen als Leser oder Leserin ist es wahrscheinlich gar nicht bewusst, aber Online-Medien können sehr genau beobachten, welche ihrer Artikel wie oft gelesen werden. Da gibt es die aktuellen Meldungen, etwa über Krisen oder politische Geschehnisse, die kurzzeitig von vielen Menschen gelesen werden und nach wenigen Tagen niemanden mehr interessieren, weil sie überholt sind. Und es gibt auch zeitlosere Artikel, die mehr oder weniger anlassbezogen erstellt werden und oft nicht sofort viele Leser anziehen, aber immer wieder über Online-Suchmaschinen gefunden und gelesen werden.

In meinem Gebiet, Gesundheit, gehört zu Letzteren etwa ein Artikel über die 20 schlimmsten Schmerzen, die ein Mensch spüren kann. Darunter fallen etwa Migräne, Gürtelrose, Nierensteine, aber auch Endometriose oder ein Knochenbruch. Erstellt wurde diese Liste vom britischen Gesundheitsdienst NHS. Sie hat keine Reihung, weil die Art und Intensität wie Schmerzen empfunden werden, letztendlich sehr individuell ist.

Was in dieser Liste fehlt, ist die seelische Komponente. Etwa der Schmerz, den man beim Verlust eines geliebten Menschen empfindet. Oft muss man die Person gar nicht gekannt haben: Es reicht, von einem tragischen Unfall zu hören, um zumindest kurzzeitig einen Stich zu spüren.

Dieser Tage sind wir mit vielen schrecklichen Meldungen konfrontiert. Wer sich in den sozialen Medien bewegt, hat mitunter noch schrecklichere Bilder gesehen, die aus Pietätsgründen nicht den Weg in klassische Medien gefunden haben. Mögen sie bald von besseren Nachrichten überholt sein.

Ich möchte diesen Text mit einem Gedicht des persischen Dichters Saadi schließen, der im 13. Jahrhundert gelebt hat. Seine Worte hängen auch in der Eingangshalle der UNO in New York:

„Die Menschen sind Glieder miteinander verwoben;

Von gleichem Stoff aus der Schöpfung gehoben.

Hat das Leben ein Glied mit Schmerz versehen;

Die anderen Glieder vor Leid vergehen.

Du, der kein Mitleid mit anderen kennt;

Bist unwürdig, dass man dich einen Menschen nennt.“

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