Schatzsuche auf einer verlassenen Insel

Schatzsuche auf einer verlassenen Insel
Urlaubslektüre: Mit einem E-Reader wäre mir der eine oder andere literarische Glücksfund entgangen.
Laila Docekal

Laila Docekal

Es passierte auf einer klitzekleinen Insel vor Malaysien: Schuhe sind dort überflüssig, weil es keine Wege oder gar Straßen gibt. Vor zehn Jahren gab es dort nur einen Internetanschluss – in der Hinterkammer einer Wäscherin. Eine simple Webseite aufzurufen, dauerte gefühlte Ewigkeiten. Währenddessen konnte man einem kleinen Tachometer dabei zusehen, wie es sich mit der Downloadgeschwindigkeit plagt.

Genau auf dieser Insel passierte es mir, dass ich meinen Bücherstapel ausgelesen habe. Weit und breit keine Geschäfte, um Nachschub zu besorgen. Den ganzen Tag nichts zu tun, außer im Wasser schnorcheln zu gehen oder die Zehen in den Sand zu strecken. Eh schön! Aber noch schöner mit einem Buch in der Hand. Oder neben dem Kopf, weil man beim Lesen eingeschlafen ist.

In meiner Not fand ich einen Schatz: Das Bücherregal bei der Fischerhütte. Eine Praxis, die – so scheint es – vom Aussterben bedroht ist: Reisende hatten dort Bücher hinterlassen, die sie ausgelesen haben und nicht mehr mittragen wollten. Ich steckte meine Nase in Werke, zu denen ich sonst nicht gegriffen hätte und ging auf Entdeckungsreise. Freilich hinterließ auch ich dort meinen „Buchabdruck“.

Man stelle sich nun vor, ich hätte auf dieser Insel ein Tablet mit E-Books mitgenommen. Zugegeben, vielleicht wäre mir der Lesestoff erst später ausgegangen. (Vorausgesetzt, ich hätte nicht typischerweise das Ladekabel zu Hause vergessen.) Aber dafür wäre mir der eine oder andere literarische Glücksfund entgangen.

Außerdem: Bücher erzählen nicht nur mit ihren Lettern eine Geschichte, sondern auch mit jedem Eselsohr und mit Spuren von Kaffee, Wein oder Tränen. Und manchmal entführen sie mit ihrem Duft beim Umblättern auf weit entfernte Inseln.

Schatzsuche auf einer verlassenen Insel

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