Niemand will noch Oma gerufen werden
Wie würden Sie das Aussehen einer klassischen Großmutter beschreiben? Graue Haare? Vielleicht zu einem Dutt zusammengebunden? Brille? Zerknitterte Haut gehört natürlich dazu. Eventuell noch die Stricknadeln in Griffweite, oder?
So sieht jedenfalls die Oma in fast allen Kinderbüchern und -sendungen aus. Und nicht nur da, auch in Bildagenturen, die Medien meist nutzen, findet man diese Darstellung, wenn man nach Fotos sucht, um Berichte über Großmütter zu bebildern. Manche sind sportlich angezogen oder haben einen frechen Kurzhaarschnitt – grau und runzlig sind sie trotzdem.
Die Realität sieht aber schon lange anders aus: Neulich kam ich nach langer Zeit wieder einmal mit F. ins Gespräch – eine sehr fesche, strahlende Mittvierzigerin. Und erfuhr beim Plaudern, dass sie Oma geworden ist. Optisch könnte sie locker als Mama ihres Enkelkindes durchgehen.
Junge Omas, reifere Mütter – und umgekehrt – normal ist heute das eine genauso wie das andere. Den Spruch: „Du siehst auf keinen Fall aus wie eine Oma“, hat F. sicherlich mehr als ein Mal gehört. Eigentlich ein Kompliment – wirklich?
Auch die Großmütter, die ich im Kindergarten oder auf dem Spielplatz treffe, entsprechen kaum dem Klischeebild: Wallende Haare in allen Farben und Längen, modisches Styling, auch körperbetont – manche haben ein paar Falten, andere helfen nach. In Ordnung ist das eine genauso wie das andere.
Doch kaum jemand will noch Oma, Omi oder Omschi gerufen werden. Die Enkel sollen lieber einen Spitz- oder einfach den Vornamen verwenden statt diese Bezeichnung, die heute meist negativ mit Alter und Verfall assoziiert wird.
Höchste Zeit also, das Image von Omas in unserer Bildwelt und in unseren Köpfen zu entstauben. Denn eigentlich soll das Wort doch vor allem eines ausdrücken: Die Liebe und Zugehörigkeit zu den uns liebsten Menschen neben den Eltern.
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