Irgendjemand sieht, was Sie hinter dem Lenkrad machen!

Irgendjemand sieht, was Sie hinter dem Lenkrad machen!
Nasenbohren für den Weltfrieden, schminken, knutschen, die Zähne reinigen: Besser, man fühlt sich im Auto nie unbeobachtet
Claudia Stelzel-Pröll

Claudia Stelzel-Pröll

An der Kreuzung links, rechts und in den Rückspiegel zu schauen, ist meist erhellend, lustig, manchmal eigenartig und selten verstörend. Ich mache das regelmäßig, auch wenn die Gefahr besteht, andere Menschen damit zu nerven. Niemand wird gerne ungefragt beobachtet.

Wenn Mr. Superwichtig hinter dem Lenkrad wild fuchtelt, Mimik und Gestik offensichtlich aus dem WIFI-Seminar „Get Rich’ or Die Tryin’“ stammen, dann überzeugt er entweder gerade einen Kunden von einer vielversprechenden Anlagemöglichkeit und damit verbundenen, immensen Reichtümern. Oder er diskutiert mit Mutti, ob sie eh weiterhin seine Hemden bügelt. Freisprecheinrichtungen sind in diesem Fall großartige Erfindungen.

Ein kurzes Nickerchen bei Rot

Ebenfalls oft gesichtet: Nasenbohren für den Weltfrieden, Schminken und/oder gründliche Zahnreinigung im Rückspiegel, kurzes Nickerchen an der Ampel, Essen und trinken als gäbe es keinen Supermarkt an jeder Ecke, großes Geknutsche bei Rotlicht (da freue ich mich immer sehr, es wird doch viel zu wenig geküsst!), riskante Suchaktionen unter den Sitzen und wildes Getippsle auf dem Handy.

Was mich sehr erheitert hat: Jene Geländewagenfahrerin, die an der Ampel einen Schluck Bier aus dem Glas trank, das sie danach im Becherhalter abgestellte: Nobel geht die Welt zugrunde und wer wird schon aus Flaschen oder Dosen trinken, wenn es auch anders, stilvoller geht. Die Dame hat dabei sehr glücklich ausgesehen. Wie wiederum die Exekutive das Bierglas mit Inhalt in der Mittelkonsole bewerten würde?

Übrigens, wenn Sie an der Kreuzung nach links sehen und sich da gerade jemand im expressiven, zeitgenössischen Sitztanz mit synchronisierten Lippenbewegungen übt, winken Sie: Das bin sicher ich!

Irgendjemand sieht, was Sie hinter dem Lenkrad machen!

Claudia Stelzel-Pröll ist KURIER-Redakteurin in Oberösterreich

Kommentare