Kraftausdrücke aus Kindermund: Warum das nur halb so wild ist

Claudia Stelzel-Pröll
Wenn sich Kinder nicht gesellschaftsfähig verhalten, kriegen Eltern Panik: Könnte ja alles auf sie zurückfallen!
Claudia Stelzel-Pröll

Claudia Stelzel-Pröll

Wortgewaltig. Wenn die Vierjährige, mit schwarzer Bikerjacke und rosa Tutu bekleidet, inbrünstig „What the f?/?!“ durch den Garten brüllt, baut sich in Mutters, also meinem Ohr instant ein leises, bedrohliches Pfeifen auf. Der emotionale Aggregatszustand schwankt zwischen hysterischem Gelächter und „Erde, tu’ dich auf und verschlinge mich!“. Die Ursachenforschung ist rasch abgeschlossen, die beiden älteren Schwestern schwören bei ihrem Leben, dass sie nichts damit zu tun haben. Woher der neue Begeisterungsruf also kommt: Keine Ahnung. Wie damit umgehen? Ebenfalls keine Ahnung.

Je nach Alter merken Kinder an den Reaktionen des Umfeldes, was ein Wort, eine Phrase auslöst: Freude, Überraschung oder pures Entsetzen. Natürlich verstehen sie nicht den Inhalt des Gesagten, aber in unserem Fall war dem Kindergartenkind rasch klar: Es muss was echt Arges sein! In Wahrheit passiert nichts Schlimmes. Das Kind sagt etwas gesellschaftlich wenig Akzeptiertes und wir Eltern haben Angst, dass das auf uns zurückfällt: Weil wenn jemand das hört, glauben die Leute ja, dass wir zu Hause auch so reden! Im Falle der oben geschilderten Szene sah ich vor meinem inneren Auge bereits das Kamerateam von RTL ums Eck biegen, das uns als neue Hauptprotagonisten für „Die Supernanny“ buchen wollte.

Wir reden mit unserer Jüngsten, erklären, reden weiter, schimpfen ein bisschen, aber nur ein bisschen. Wir erinnern die beiden Älteren daran, sich mit Kraftausdrücken zurückzuhalten. Und sind uns sicher, dass sich das – wie so vieles bei Kindern – auswachsen wird. Wenn die Neunjährige in einer Diskussion zu mir sagt „Chill’ mal dein Leben!“, weine ich beinahe Tränen der Dankbarkeit ob so viel harmloser Wortgewalt. Und dann DENKE ich mir „What the f?/?!“.

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