Ein Dorf voller Kinder

Ein Dorf voller Kinder
Gedanken einer Mutter im Vorfeld zum morgigen Streik der Kindergärten.
Laila Docekal

Laila Docekal

Es gibt einen Satz, den ich im Zusammenhang mit Eltern und Teilzeitarbeit nicht mehr hören kann: „Wir müssen die Kinderbetreuung ausbauen!“ Als würden mehr Kinderbetreuungsplätze und längere Öffnungszeiten alle Probleme lösen. Da werde ich als Mutter richtig sauer.

Ich arbeite Teilzeit, und mein Kind ist, seit es 18 Monate alt war, 35 Stunden pro Woche im Kindergarten. Sieben Stunden am Tag, in denen es in einer Gruppe von 15 bis 20 Kindern ohne seine Eltern zurechtkommt. Natürlich hat es dabei Spaß, kann mit anderen spielen, macht eigene Erfahrungen und entwickelt sich weiter.

Aber so ein Tag im Kindergarten ist für so ein junges Leben nicht minder anstrengend als ein Arbeitstag für einen Erwachsenen. Der Lärmpegel, der Drang nach Aufmerksamkeit unter so vielen anderen Kindern, der Wunsch nach Nähe und einer Umarmung, wenn einmal eine Situation frustrierend war, man sich gestritten oder sich einmal wehgetan hat.

Wer ist die wichtigste Person in all diesen Situationen? Die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen. Doch die werden beim Ausbau der Kinderbetreuung am wenigsten berücksichtigt. Immer und immer wieder spreche ich mit Pädagogen, die mit Herzblut bei der Sache sind, aber dem Job frustriert den Rücken kehren. Nicht, weil sie den Lärmpegel nicht aushalten oder weil die Kinder zu anstrengend sind. Im Gegenteil: „Ich kann nichts von dem umsetzen, was ich in meiner Ausbildung gelernt habe. Wir haben so wenig Personal, dass wir nur noch aufpassen können, dass nichts Gröberes passiert.“

Würde ich Vollzeit arbeiten, müsste ich mein Kind täglich von 8 bis 18 Uhr in den Kindergarten schicken. Zehn Stunden am Tag, in denen es einem Lärmpegel von durchschnittlich 70 bis 80 Dezibel ausgesetzt ist. Zehn Stunden, in denen es froh sein kann, wenn die Pädagogin einmal Zeit hat, etwas vorzulesen, etwas zu basteln oder – man darf ja träumen – dem Kind zuhören kann, wenn es etwas erzählen will.

Früher hat man gerne gesagt, es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen.

Heute lässt man Pädagoginnen mit einem Dorf voller Kinder alleine.

laila.docekal@kurier.at

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