Adventfrust: Wer mich ärgert, bestimme ich noch immer selbst
Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen. Gut so, und wieder von vorne. Der Tag vor dem 24. Dezember, also der heutige, ist wohl der Kumulationspunkt des gesamten Adventstresses. Alle haben noch unglaublich viel zu erledigen, im Job, mit den Geschenken, mit der Organisation des Festes und den diversen Stimmungen, die in der Luft liegen.
Mit ihren Stimmungen und deren Kontrolle tun sich viele schon seit Wochen schwer. Soziale Verträglichkeit scheint gerade irgendwo zwischen Zimtpunsch und Vanillekipferln zu versanden. Das beginnt bei den Autofahrern (ja, hier steht bewusst nur die männliche Form), die alle wild geworden sind. Im Parkhaus wird gehupt, geblinkt und der Unmut laut aus dem Fenster geschrien.
Zum Lachen und zum Weinen
Im Lokal schmeißen wenig stressresistente Kellnerinnen und Kellner regelmäßig die Nerven. So geschehen letztens bei einer großen Familienfeier, bei der ein Last Man Standing für eine riesige Gruppe hungriger und durstiger Menschen zuständig war, weil der Chef die anderen Servicekräfte zuvor nach Hause geschickt hatte. Der arme Mann kellnerte ums Überleben, verlor dazwischen vier bis 40-mal die Contenance, nur um am Ende die Kurve zu kratzen und uns allen eine sehr friedliche, ruhige Weihnachtszeit zu wünschen. Zum Lachen und Weinen gleichzeitig.
Und dann gibt es jene unter uns, die sich vor den Stimmungen fürchten, die da unter dem Christbaum herumkriechen und nur darauf warten, zuzubeißen: unangenehme Fragen, grenzüberschreitende Meldungen, unpassende Kommentare. In einem Interview gab mir kürzlich eine Psychologin eine gute Perspektive auf Menschen, die Zeit und Nerven rauben: „Wer mich ärgert, bestimme ich noch immer selbst. Dieses Privileg muss ich nicht jedem geben.“
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