Das Zeitgefühl meines Handwerkers

Das Zeitgefühl meines Handwerkers
Vom Leben auf der Baustelle und dem Begriff von Zeit aus der Sicht eines Handwerkers
Anja Kröll

Anja Kröll

Mittwoch, in acht Wochen. Nicht zwingend die Antwort, die man hören will, wenn man triefend auf das tropfende Rohr ober einem in der Wohnungsdecke blickt. Handwerker zu finden ist eine Kunst. Gute Handwerker zu finden eine Lebensaufgabe. Eine Weisheit, die in jedem Baumarkt-Prospekt stehen sollte.

Besonders wenn man aus der Mietwohnung in der Stadt, wo der Installateur acht Wochen braucht, in das Haus im Bergdorf einzieht. Klassischer Sechziger-Jahre-Bau, alles vom Opa selbst errichtet. Und auch wenn ich dieses Haus liebe, an das Revival der dunkelbraunen Badfliesen mit beigen Blümchen glaube ich nicht mehr. Darum lebe ich seit Jahren auf einer Baustelle. Auf der mich abwechselnd Raimund, Roman, Daniel, Daniela, Kurt 1 und Kurt 2 besuchen. Meine Handwerker. Dass wir zueinandergefunden haben, war vor allem der Geduld der Bautruppe zu verdanken. Denn treffen sie als Bauherrin, mit all ihren gesammelten Vorerfahrungen aus der Großstadt, einmal auf Handwerker eines Bergdorfs. Die so Dinge sagen wie: „Ah, das mit dem Preis machen wir schon.“ Alarmglocken! Hallo, mach ma schon, kann ja jeder sagen.

Am Ende lag der Rechnungsbetrag unter jenem des Kostenvoranschlags, weil der Handwerker da irgendetwas, irgendwo günstiger rechnen konnte. Schäm!

Aber am meisten liebe ich Raimund, Roman, Daniel, Daniela, Kurt 1 und Kurt 2 für Ihren Begriff von Zeit. Bauherrin: „Hast du im Mai (2021!!) noch Zeit?“ Handwerker mit nachfolgender bemerkenswerter Antwort: „Wenn du da baust, werd ich wohl Zeit haben müssen.“ Es lebe das Handwerk! Eine weitere Weisheit fürs Baumarktprospekt. Und zwar nicht nur zu Corona-Zeiten.

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