Corona-Massen, die auf Ziegen starren

Corona-Massen, die auf Ziegen starren
Der Österreicher entdeckt seine Bergliebe. Peppi auch. Und die Eingeborene hat ein Problem
Anja Kröll

Anja Kröll

Von wegen Osterruhe. Eine Skitour in meinem Bergdorf klingt momentan wie ein Spaziergang in Schönbrunn. Seit dem Sommer fallen die Massen Corona-bedingt in die Bergwelt ein. Soll heißen: UNSERE Berge. Ja, Sie haben richtig gelesen. Menschen, die jenseits der 1.000-Meter-Seehöhe-Marke geboren wurden, erheben nicht nur Territorialansprüche auf Gipfel – sie haben sie! Meins, meins, meins.

Wir freuen uns über Touristen, aber nur, wenn sie zumindest ein Grundverständnis vom Gebirge mitbringen. Und nein, das gibt es nicht automatisch zum 400-Euro-La-Sportiva-Bergschuh dazu. Mit dem Schuh beginnt das eigentliche Bergdrama ja erst.

Mich hat mein Großvater für die Berge sozialisiert. Seither gehe ich rauf, um runterzukommen. Nirgends ist der Geist so frei wie abseits der Zivilisation. Wenn der wichtigste Gedanke der an den nächsten Schritt ist. Nur leider wird dieser Gedanke zerstört, sobald irgendwer quer über einen Bergrücken brüllt: „Peppi, hast die Gams g’seh’n? Die war ur-groß.“ Die Gams, die eine Ziege war, konnte flüchten. Ich nicht.

So nahm das Schicksal seinen Lauf. Der Peppi-Frau ging irgendwann die Luft aus. Der Peppi und sie kehrten aber in dieselbe Hütte ein. Erste Frage an den Wirt: „Haben Sie WLAN?“ – „Wir haben Zirbenschnaps, geht das ah?“ Peppi-Frau irritiert, Hüttenwirt amüsiert. Auf der Terrasse plauderten die Einheimischen über Bergtouren. Auftritt Peppi: „Der Grat ist echt no probs. Der funkt super.“ Schweigen. Vielsagende Blicke. Einheimischer: „Wann bist denn den g’angen?“ Peppi: „Ich hab’ Fotos davon auf Instagram gesehen.“

Wie schrieb Goethe: „Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler.“ Aber der ist halt nicht auf Insta.

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