Medienabgabe: Eine gute Lösung
Jetzt haben die Parteien eine Chance, ihre Lippenbekenntnisse auch in die Tat umzusetzen
Nach außen bekennen sich Österreichs Politiker und Parteien zur Unabhängigkeit der Medien, insbesondere des ORF. Wer aber ihre Taten einem Faktencheck unterzieht, der kommt rasch zur gegenteiligen Erkenntnis: Der ORF beispielsweise ist politisch und wirtschaftlich von Regierung und Parteien abhängiger denn je. Im Stiftungsrat, dem höchsten Organ des Unternehmens, das auch über die Bestellung der Geschäftsführung entscheidet, haben ÖVP und SPÖ eine satte ⅔ Mehrheit, nur drei der 35 Mitglieder gelten als parteipolitisch unabhängig.
Der Ersatz entgangener Einnahmen durch vom Gesetzgeber aus sozialen Gründen verordneten Gebührenbefreiungen hängt von der "Laune" der Regierung ab und wird, wenn überhaupt gewährt, mit Personalwünschen der Parteien verknüpft. Den Printmedien (Presseförderung) und den privaten Radio- und Fernsehveranstaltern (Förderungsfonds) geht es ähnlich, sie sind jährlich abhängig vom Bundesbudget.
Lippenbekenntnis
Jetzt haben die Parteien eine Chance, ihre Lippenbekenntnisse auch in die Tat umzusetzen. Ein rechtlich korrektes, aber inhaltlich skurriles Urteil des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit den ORF-Gebühren zwingt Regierung und Parlament zum Handeln, und die Neuregelung der Presseförderung steht ohnehin an.Warum also nicht beide Probleme großflächig und auf einmal lösen?Ein Modell dafür steht bereits in Diskussion: Anstelle der derzeitigen Rundfunkgebühren soll in Zukunft eine zweckgebundene Medienabgabe pro Haushalt eingehoben werden. Sie soll der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ebenso dienen wie der Qualitätsförderung bei den Printmedien und den privaten Radio- und Fernsehsendern.Die Höhe dieser Abgabe könnte folgendermaßen errechnet werden:
Die derzeitigen Einnahmen des ORF einschließlich der für 2017 anvisierten Valorisierung, PLUS die nach den Vorstellungen des Verbandes Österreichischer Zeitungsherausgeber auf 35 Millionen Euro zu erhöhende Presseförderung, PLUS die 32,5 Millionen Euro, die schon jetzt für privates Radio und Fernsehen an Steuergeldern aufgewendet werden, ERGIBT 100 Prozent.Die so zu errechnenden prozentuellen Anteile der einzelnen Sparten am gesamten Einnahmentopf könnten in einem Gesetz festgeschrieben werden, das zur Sicherung der Unabhängigkeit der Medien nur mit Zweidrittelmehrheit abgeändert werden dürfte. Moderate Anpassungen an die gestiegenen Lebenshaltungskosten erfolgen in bestimmten Abständen. Soziale Befreiungen sollen weiterhin gelten, der dadurch entstehende Ausfall an Einnahmen wird vom Staat ersetzt.Diese "Zweckgebundene Haushaltsabgabe" wäre keine zusätzliche Belastung der Österreicherinnen und Österreicher, sie könnte, so meinen Experten, in etwa der Höhe der derzeitigen Rundfunkgebühr entsprechen. 90 % der Haushalte würden dasselbe zahlen wie bisher.
Vorbilder
Der Verband der Zeitungsherausgeber (VÖZ) hat bereits erklärt, dass er sich eine solche Lösung vorstellen könne. In Deutschland gibt es eine derartige Abgabe schon, in der Schweiz wird sie aufgrund einer Volksabstimmung demnächst eingeführt.Ist doch nicht schwer: Medienabgabe löst Medienfrage und das auch noch fürs selbe Geld!
Kurt Bergmann war Generalsekretär und Landesintendant im ORF, Gründer von "Licht ins Dunkel" und "Nachbar in Not".
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