Rechter Aufmarsch in Wien: Tanz statt Springerstiefel

Am Samstag werden voraussichtlich rund 500 Rechtsextreme aus Europa dem Ruf der „Identitären Bewegung Österreich“ folgen und durch die Wiener Innenstadt ziehen. Der mediale Umgang damit ist schwierig.
Einerseits will man ihnen keine Plattform bieten, andererseits ist das Erstarken des Rechtsextremismus nicht wegzuleugnen. Zu (ver-)schweigen kann also nicht die Antwort darauf sein.
Dieser Versuch darf getrost als gescheitert bezeichnet werden.
Einen besseren Weg zu finden, ist aber komplex, wie auch ein Blick nach Deutschland zeigt, wo kürzlich ein Interview mit AfD-Chefin Alice Weidel mit Pfeifen und Hupen derart gestört wurde, dass sie kaum mehr zu verstehen war. Übrig blieb ein Medieneklat für den durchführenden Sender ARD (was zu weiteren Ressentiments gegen die ganze Branche führen wird) und ein rechter Rand, der sich genüsslich in seiner geliebten Opferrolle suhlt und damit wohl bei noch mehr Menschen punkten wird.
Als Gesellschaft darf man sich nicht dazu hinreißen lassen, in die Falle zu tappen, mit seinen Aktionen dem Rechtsextremismus mehr Bühne zu verschaffen als dem Auftreten dagegen. Alle reden nur noch über Weidel.
Statt den Blick auf die Rechtsextremen hinzulenken, gibt es Beispiele, wo er eben weggelenkt wird: Im Wiener Bezirk Margareten wird am Freitag als Gegenentwurf zum Identitären-Aufmarsch ein buntes Straßenfest veranstaltet. Man wolle ein friedliches, aber sehr deutliches Zeichen für ein demokratisches, solidarisches und weltoffenes Wien setzen, heißt es in der Ankündigung der Grünen, die das Fest initiiert haben. Bei der überparteilichen Veranstaltung wolle man mit „unseren Familien oben auf der Straße tanzen und feiern.“ Keine Gewalt, kein Schweigen, kein Leugnen. Aber klare Haltung.
Wird ein Straßenfest die Demokratie retten? Nein. Ein kollektives und konsequentes Auftreten dafür, dass der Menschenverachtung eine überwältigende Mehrheit gegenübersteht, vielleicht aber schon.
Um den Vormarsch der Anti-Demokraten aufzuhalten, muss man ihnen alles in den Weg werfen, was eine funktionierende Demokratie zu bieten hat – eben Freiheit, Weltoffenheit und Gemeinsamkeit. Aber auch die Bereitschaft, konstruktiv an Lösungen zu arbeiten und eine Gesellschaft zu sein, in die sich auch jene, die sich abgehängt fühlen, wieder eingliedern wollen – und die so dem Lockruf der Populisten widerstehen können.
Das kann nur gelingen, wenn die Attraktivität der Demokratie im Kleinen wie im Großen immer wieder hervorgehoben wird – manchmal auch einfach mit Fokus auf Kinderlachen, nicht auf Springerstiefel.
Kommentare