Mehr als staatsmännische Ansprache an die „lieben Österreicherinnen und Österreicher“ denn als Pressekonferenz gehalten, machte er dabei noch einmal klar, was ohnehin seit Monaten blaue Linie ist: Als stimmenstärkster Partei stehe der FPÖ die Bildung der Regierung mit ihm als Kanzler zu, alles andere sei „undemokratisches Machtgehabe“. Ein Muster, das man schon aus dem Wahlkampf kennt: Noch ehe die Wahlen stattgefunden haben, noch ehe Verhandlungen begonnen haben, soll einer etwaigen Regierungsmehrheit jenseits der FPÖ die Berechtigung abgesprochen werden.
Fragen von Medien wollte Kickl am Samstag nicht beantworten. So bleibt offen, was er davon hält, dass sich die FPÖ selbst bereits zwei Mal am jeweils Ersten vorbei in die Regierung hineinverhandelt hat: 1999 war das die SPÖ, die Koalition bildeten dennoch FPÖ und ÖVP. Und als der in diesen Tagen von Kickl so gern beschworene Jörg Haider 1989 mit Hilfe der ÖVP zum ersten Mal Kärntner Landeshauptmann wurde, lag die FPÖ ebenfalls nur auf Rang zwei – fast 17 Prozentpunkte hinter der erstplatzierten SPÖ.
Vieles spricht dafür, dass Kickl tatsächlich Bundeskanzler werden will. Allein schon, um als erster blauer Regierungschef in die Geschichtsbücher eingehen zu können. Weiters, um sich nach dem schmählichen und einzigartigen Rauswurf aus der türkis-blauen Regierung, in der er als Innenminister tätig war, zu rehabilitieren.
Triste wirtschaftliche Lage
Nicht beantwortet hat Kickl allerdings auch eine zweite Frage: wie er mit seinem Wunschpartner ÖVP die trostlose wirtschaftliche Lage in den Griff bekommen will. Gewiss: Die Wirtschaftsprogramme von Blau und Türkis sind nahezu deckungsgleich, was stabiles Regieren leichter macht. Zu den Gemeinsamkeiten gehört freilich auch, dass beide Parteien keine plausiblen Strategien zum Füllen des Budgetlochs haben, wie Wirtschaftsforscher schon im Wahlkampf moniert haben.
„Fünf gute Jahre“ hat Kickl seinen Anhängern auf den blauen Wahlplakaten versprochen. Angesichts der Rahmenbedingungen dürften es aber bestenfalls fünf zähe Jahre werden. Denn egal, wer regiert: Auf spürbare Einschnitte wird entgegen allen Versprechungen keine Partei verzichten können. Auch die FPÖ nicht. Um das seiner Basis und seinen Anhängern zu verkaufen, wird Kickl mehr als ein paar Ansprachen im staatsmännischen Ton benötigen.
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