Man braucht schon eine Baggerschaufel, um sich in diesen Tagen durch die Wortberge zu arbeiten, die Europas politisches Führungspersonal auftürmt.
Seit Donald Trump nicht nur der Ukraine, sondern ganz Europa klargemacht hat, dass wir uns um Frieden und Sicherheit gefälligst selbst scheren sollen, gibt es Solidaritätsbekundungen für die Ukraine im Übermaß. Dazu, ohne Rücksicht auf Plattitüden oder Wiederholungen, großspurige Grundsatzerklärungen über Europas zukünftige militärische Stärke.
Wer das beiseiteräumt und ernsthafte Pläne sucht, stößt bald auf Großbritanniens Premierminister Keir Starmer. Wenn der etwa von Friedenstruppen für die Ukraine spricht, dann spricht er auch gleich über die Truppen, die Flugzeuge und die Logistik, die ein solcher Einsatz braucht – und welches Risiko besteht, dabei in einem Chaos wie in Afghanistan zu enden.
Anders als viele Europäer, für die Sicherheitspolitik lange vor allem bedeutete, sich auf den US-Schutzschild zu verlassen, wissen die Briten genau, was militärisch gestützte Sicherheitspolitik bedeutet und was sie kostet: an Geld, aber auch an Menschenleben. Großbritannien hat sich schon aus seiner Geschichte heraus immer als globaler Akteur verstanden. Wenn es um militärisches Eingreifen in Konflikten weltweit ging, war man immer zum Handeln bereit, egal ob auf dem Balkan, im Irak oder in Afghanistan. Für dieses Handeln haben britische Premiers auch hohes politisches Risiko auf sich genommen. Labour-Premier Tony Blair ging an der Seite von US-Präsident George W. Bush in einen Krieg gegen den Irak, der ihn vom Superstar der britischen Politik zum Buhmann machen sollte.
Die Briten haben in den vergangenen Jahrzehnten Hunderte ihrer jungen Männer in Särgen nach Hause kommen gesehen. Auf der Insel ist den meisten bewusst, was es heißt, irgendwo da draußen einen wie auch immer gearteten Frieden zu sichern. Auf der Brüsseler Bühne dagegen werden die Friedenssicherung in der Ukraine und der Aufbau einer europäischen Verteidigung wie so oft benützt, um sich in politische Machtkämpfe zu stürzen. Da will am Konferenztisch jeder die Führungsrolle übernehmen, ob man dann da draußen in der realen Welt auch tatsächlich dafür geradesteht, bleibt abzuwarten.
Die Briten jedenfalls wissen, was sie auf sich nehmen. Wenn Starmer Kreditzusagen für die Ukraine unterschreibt, dann ist ihm bewusst, dass seine Landsleute dafür geradestehen müssen, weil man dieses Geld nicht mehr zwischendurch in irgendeinem EU-Fonds verräumen kann. Wenn er Truppen verspricht, dann sind es seine Landsleute, die ausrücken, und nicht das andere EU-Land, auf das man immer noch mit dem Finger zeigen kann, wenn es ans Handeln geht – und nicht mehr um Worte.
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