Man muss kein Ökonomie-Professor oder ausgewiesener Politik-Experte sein, um zu erkennen, dass die USA nicht, wie es Donald Trump behauptet, „übers Ohr gehauen, geplündert, vergewaltigt und ausgeraubt wurden“. Die größte Volkswirtschaft der Welt ist weit davon entfernt, vom Siegespodest gestoßen zu werden.
Vielmehr darf sich jeder, der diesem merkantilistischen Irrsinn des US-Präsidenten nicht anheimfällt, selber für mehr wirtschaftlichen Hausverstand und Realitätssinn gratulieren. Aber das ist ja das eigentliche Problem: Donald Trump und seine willfährigen „Make-America-Great-Again“-Handlanger schwingen ihre zerstörerische Zollkeule nicht als Mittel der Handelspolitik, sondern ausschließlich als Machtinstrument. Und das fast gegen die ganze Welt
Auge um Auge?
Für Europa, das nach 25-prozentigen Zöllen auf Stahl und Aluminium nun auch 25 Prozent auf Autoexporte und 20 Prozent auf überhaupt alle Ausfuhren in die USA einzuberechnen hat, stellt sich die Frage: Wie reagieren?
Auge um Auge – also mit ebenfalls heftigen, aber zumindest genau kalibrierten Strafzöllen? Oder soll die Hinwendung nach China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, die nötige Schmerzlinderung für Europa bringen?
Immerhin präsentiert sich das Reich der Mitte jetzt als vollmundiger Verteidiger des liberalen Welthandels. „Wir müssen gemeinsam das multilaterale Handelssystem aufrechterhalten und die Stabilität der globalen Industriekette bewahren“, beschwor Chinas Präsident Xi Jinping vor Kurzem internationale Industriebosse in Peking.
Kann also China, das die EU schon seit Jahren als „systemischen Rivalen“ bezeichnet, plötzlich der aus der Not geborene, verlässliche Partner sein?
Wenn es denn nur wahr wäre.
Nur zu Erinnerung: China beschützt seinen eigenen Marktzugang extrem streng; europäische Firmen in China werden an die Kandare gelegt; und wer, wie einige EU-Abgeordnete, die Lage der Uiguren kritisiert, bekommt von Peking Einreisesperren aufgebrummt.
Mit der begründeten Skepsis Europas gegenüber dem Wirtschaftspartner China ist es also noch lange nicht vorbei – auch wenn das empfohlene „De-Risking“ in Brüssel jetzt plötzlich zu einem harmloseren „Rebalancing“ umformuliert wird.
Europas große Angst ist: Sollte China seine staatlich subventionierten Produkte nicht mehr in den USA absetzen, könnte Peking mit seinen Überkapazitäten den europäischen Markt fluten – und dadurch wiederum die heimische Industrie in Bedrängnis bringen.
Europa muss nun also gleich zweifach Zähne zeigen: Mit einer klugen Antwort auf Donald Trump und einer rechtzeitigen Warnung an China, jegliches Dumping auf dem europäischen Markt gleich von vornherein bleiben zu lassen.
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