Von der Leyen ist gestärkt, aber nur Taktik wird nicht reichen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat ihre Macht taktisch schlau abgesichert, Europa aber braucht für die nächsten Jahre eine klare Strategie.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Der Theaterdonner ist also recht schnell verhallt. Ein Misstrauensantrag gegen Ursula von der Leyen ist gescheitert und hat obendrein der EU-Kommissionschefin die Möglichkeit gegeben, ihre Macht abzusichern. Genau daran hat die Deutsche seit ihrer Wiederwahl konsequent gearbeitet. Nicht nur in der EU-Kommission laufen alle politischen Fäden bei ihr zusammen, auch im EU-Parlament gibt ihre EVP als stärkste Fraktion mehr denn je die Richtung vor. 

Aber was ist diese Richtung, in die von der Leyen Europa in diesen schwierigen Jahren führen will? Um darauf einen klaren Blick werfen zu können, muss man erst einmal die großen Worte, in die sich Brüssel so gerne hüllt, beiseite räumen.

Ein Europa, das seiner Wirtschaft den Rücken stärkt, das sich für militärische Konflikte, auch ohne US-Unterstützung, rüstet und das sich der Herausforderung des Klimawandels mit einer klaren, aber realistischen Haltung stellt.

So weit die Parolen - und die Realität? 

Egal, wo man in die Beratungen in Brüssel hineinhorcht, überall türmen sich Probleme auf. Europas Streitkräfte und die Rüstungsindustrie können sich zwar Hoffnung auf ordentlich Geld machen, aber bei der europäischen Zusammenarbeit, die sich die Politik wünscht, hapert es ordentlich. Militärs denken im Krisenfall eben lieber national und Waffenhersteller wollen die großen Stückzahlen, die auf einmal verlangt sind, nur liefern, wenn sie dafür langfristige Verträge kriegen. 

Der Kampf für Klima- und Umweltschutz steht den Interessen vieler Unternehmen im Weg. Der Abbau von Bürokratie, den Brüssel unaufhörlich verspricht, wird nicht genügen, um einer schwächelnden Industrie auf die Beine zu helfen. Vor allem , wenn die Konkurrenz in China und in den USA Energie zur Verfügung hat, die zwar schmutzig, aber verdammt billig ist. 

Die Bauernproteste machen zwar derzeit Pause, die Angst vor steigenden Kosten, fallenden Preisen und Importen aus Übersee hat die Bauern aber weiter fest im Griff.

All diese Widersprüche muss die EU in ein Gefäß zwängen: Das EU-Budget für die nächsten Jahre. Das wird gerade hinter verschlossenen Türen verhandelt. Die ersten Zahlen, die nach außen dringen, lassen nur einen Schluss zu: 

Da wird versucht, es allen recht zu machen, das aber wird sich – dafür genügen Grundrechnungsarten– nicht ausgehen. Aus der Pandemie hat sich Europa herausgekauft, mit Schulden, die uns noch lange belasten werden. Wenn Europa die Pläne, die jetzt auf dem Tisch liegen, wirklich umsetzen will, wird das Geld, das dafür nötig ist, anderswo schmerzlich fehlen. Von der Leyen hat sich viel Macht gesichert. Um die Entscheidungen, die jetzt anstehen, durchzusetzen, wird sie auch Rückgrat brauchen - und eine klare Strategie, die nicht nur aus Parolen besteht.

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