34 mal schuldig: Bekommen die USA jetzt einen Straftäter als Präsidenten?

Ex-US-Präsident Donald Trump
Donald Trump – ein verurteilter Straftäter. Der wahre Skandal ist aber seine Republikanische Partei, die ihn nicht aus dem Rennen ums Weiße Haus nimmt
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

„Ich könnte in der Mitte der 5th Avenue stehen und jemanden erschießen, ich würde trotzdem keine Wähler verlieren.“ Dieser unglaublich maliziöse Satz, den Donald Trump schon vor Jahren hinausposaunt hat, dürfte noch heute Gültigkeit haben. Die fanatischen Anhänger des republikanischen Ex-Präsidenten werden ihn im November wählen, komme, was wolle und jetzt erst recht – für sie fällt es nicht ins Gewicht, dass sie damit den ersten amerikanischen „president-in-crime“ ins Weiße Haus schicken würden.

Das muss man alles erst einmal sickern lassen: Ein früherer Staatschef der stolzen Demokratie USA – ein verurteilter Straftäter! Und das wird Donald Trump nach amerikanischem Recht auch bleiben.

Auch wenn er in Berufung geht. Einerlei auch, ob der 79-Jährige nun mit Haft, Fußfessel, Hausarrest oder nur mit einer Bewährungszeit bestraft wird. Ein neuerlicher – negativer – Eintrag in die Geschichtsbücher ist Trump damit sicher. 

Der Märtyrer

Die Frage ist nur: Wird dieses historische Urteil seinen Weg ins mächtigste Amt der Welt einbremsen oder gar beschleunigen? Gewiss ist einstweilen nur, dass der Ex-Präsident seinen Wahlkampf unbeirrt fortsetzen, sich als Märtyrer und „politischer Gefangener“ inszenieren wird. Rechtlich steht seiner Kandidatur nichts im Weg – er könnte theoretisch selbst aus einer Gefängniszelle heraus regieren.

Der wirkliche Skandal, das ist nicht der irrlichternde, sich keiner seiner vielen Vergehen schuldbewusste Donald Trump. Der Skandal, das sind auch nicht seine Anhänger, die ihm auf Gedeih und Verderb folgen. 

Der echte, tragische und folgenschwere Skandal ist vielmehr, dass die Republikanische Partei ihren als Chef-Populisten verkleideten Präsidentschaftskandidaten nicht in die Wüste schickt. Da schart sich die Grand Old Party willfährigst und panisch um ihre Wähler bangend hinter einen Straftäter – und das ausgerechnet von der „Recht-und-Ordnung-Partei“.

Einer Partei, die sonst eisern darauf beharrt, dass Ärzte für Abtreibungen ins Gefängnis müssen oder dass in manchen Bundesstaaten Menschen lebenslang hinter Gitter gesperrt werden, wenn sie dreimal Ladendiebstahl begangen haben.

Ob US-Präsident Joe Biden dieses Urteil im Schweigegeld-Prozess gegen Trump für sich nutzen und im Herbst die Wahl gewinnen kann, ist zweifelhaft. Das eigene Image des oft altersschwach wirkenden 81-jährigen Demokraten ist so schlecht, der Ärger vieler Amerikaner über Inflation und die hohen Lebenshaltungskosten so groß, dass selbst ein verurteilter Gegenkandidat Trump den Demokraten nicht scharenweise die Wähler zutreiben wird. 

Bleibt also nur zu hoffen, dass jene 40 Prozent der US-Wähler, die sich noch nicht entschieden haben, dieses historische Urteil als Zäsur verstehen – und dem mächtigsten Amt der Welt keinen neuen Tiefpunkt bescheren.

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