Es war zu erwarten und nur deswegen überraschend, weil es nicht schon früher passiert ist: das neuerliche Blutbad in Syrien; Massaker, die Hunderte Zivilisten, Kinder und Frauen mit ihrem Leben bezahlten, während sie daheim saßen und regelrecht hingerichtet wurden.
Und so schrecklich sich das anhört: Die Kämpfe, Übergriffe, Morde und Racheakte des vergangenen Wochenendes in Syrien werden nicht die letzten gewesen sein. Denn nach Jahrzehnten grausamster Diktatur und 14 Jahren blutigen Bürgerkriegs ist das neue Syrien von Stabilität und einer halbwegs lebbaren politischen Ordnung so weit entfernt wie Österreich von einem Weltmachtdasein.
Von der Idee, wie sie im Dezember sofort nach dem Sturz des syrischen Diktators Assad aufkam, dass man nun bitte möglichst schnell möglichst viele syrische Asylwerber wieder zurück in ihre Heimat verfrachten könnte, sollte man sich deshalb sofort und endgültig verabschieden.
Selbst wenn in friedlicheren Regionen – bestenfalls in ein paar Stadtvierteln – nicht täglich geschossen wird, sind in Syrien nach wie vor 90 Prozent der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen, es fehlt an Wasser, Nahrung und Gesundheitsversorgung.
Asylanträge gestoppt
Österreich hat nach dem Sturz der Assad-Diktatur die weitere Aufnahme von Asylgesuchen von Syrern vorerst gestoppt, die Bearbeitung bereits laufender Anträge auf Pause gestellt. Und so wird es bis auf Weiteres wohl bleiben, während sich die ganze Migrationsdebatte schon wieder auf eine andere Front verlagert.
Noch bevor die CDU in der deutschen Regierung ist, kündigt Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) bereits Zurückweisungen von Asylbewerbern an der deutschen Grenze – notfalls auch gegen den Willen der Nachbarländer – an.
Österreich lehnt das – no na – kategorisch ab. Muss es auch, denn es entspricht nicht europäischem Recht.
Natürlich soll auch Österreich nicht für die Versäumnisse der europäischen Migrationspolitik büßen. Und nichts anderes als ein höchst ärgerliches, jahrelanges Versäumnis der sogenannten Dublin-Regelung ist es, wenn ein illegaler Migrant, der zuvor schon halb Europa durchquert hat, in Österreich oder Deutschland um Asyl ansucht.
Aber statt nun zu einer populistischen Maßnahme wie Spahns Vorschlag zu greifen, wäre es nötig, jetzt auf europäischer Ebene vollumfassend zu kooperieren: Bei verstärkten Rückführungen abgewiesener Asylsuchender – in Länder, wo das möglich ist.
Bei der Errichtung von Zentren an den EU-Außengrenzen, wo binnen Tagen entschieden wird, wer Recht auf Asyl hat und wer nicht. Am Dienstag will EU-Migrationskommissar Magnus Brunner dieses neue Vorgehen in Europa präsentieren. Zögen endlich alle EU-Staaten an einem Strang, wären ärgerliche Vorstöße wie jene von Jens Spahn noch unnötiger, als sie es ohnehin schon sind.
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