Der Stabilitätspolitiker Ludwig muss sich unter neuen Vorzeichen beweisen

Symbolbild: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Gemeinderat
Wenn am Mittwoch die Wiener Stadtregierung seit 100 Tagen im Amt sein wird, werden harte Wochen hinter Rot-Pink liegen. Und vermutlich noch härtere vor ihnen. Zwar hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit Barbara Novak als Wirtschafts- und Finanzstadträtin nur ein einziges neues Gesicht in seinen eigenen Reihen, dennoch ist in der Strategie kein Stein auf dem anderen geblieben.
War in der Legislaturperiode während und nach der Coronapandemie noch alles auf Stabilität ausgerichtet gewesen, betont die Wiener SPÖ nun, dass in den kommenden fünf Jahren nichts sakrosankt ist, um die zahlreichen Folgen diverser Krisen und Kriege in den Griff zu kriegen. Die Konstante: Ludwig selbst, der das Image aus der Coronazeit – jenes des ruhigen Kapitäns, der in stürmischen Zeiten konsequent führt – wiedererlangen möchte.
Die Ausgangslage ist natürlich eklatant anders. Es würde wohl nicht einmal ein Verschwörungstheoretiker behaupten, dass Wien 2020 die Welt mit einem Virus lahmgelegt hat. An der jetzigen Situation hingegen, mit dem aus dem Ruder gelaufenen Budget, den Integrationsproblemen und dem steigenden Druck auf das Bildungssystem, hat Wien zumindest eine (im wahrsten Sinne des Wortes) Mitschuld.
Auch wenn Bund, EU und die Weltenlage einen wesentlich größeren Anteil daran haben. Um aus dem Schlamassel wieder rauszukommen, müssen darum auch die Roten unpopuläre Entscheidungen treffen. Die ersten sind bereits gefallen, wie die Preiserhöhung bei den Wiener Linien oder Einschnitte bei der Mindestsicherung.
Letzteres ein strategischer Schachzug, um den Bund zum Nachziehen zu zwingen. Die intendierte Botschaft ist klar: Wien als Treiber der Veränderung (der aber nicht allein für die Nachschärfungen verantwortlich ist). Zu der Kritik an den Maßnahmen aus der Bevölkerung kommt eine Opposition, der man mit all dem eine Steilvorlage bietet. Die wiedererstarkte FPÖ, die neuaufgestellte ÖVP und die lauter gewordenen Grünen werden ihr Übriges tun, der SPÖ den Rang abzulaufen. Zumal der pinke Koalitionspartner seine Stimme noch nicht gefunden hat.
Schönwetter-Politik könne jeder machen, sagte Ulli Sima, die längstdienende Stadträtin Wiens, nach der Angelobung. (Es ist kein Zufall, dass sie die Öffi-Teuerung verkündete.) Gemeinsam muss die Wiener SPÖ jetzt durch schlechtes Wetter durch.
Und nur wenn am Ende eine florierende Wirtschaft, eine bessere Zukunft für Schülerinnen und Schüler und die Zurückeroberung des Titels lebenswerteste Stadt der Welt stehen, wird Ludwig seiner selbst auferlegten Kapitänsrolle gerecht. Leicht werden die nächsten fünf Jahre nicht.
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