Die WKO in der Kritik: Wer braucht eigentlich die Sozialpartner?
Harald Mahrer ist zurückgetreten, dürfen jetzt alle wieder zur Tagesordnung übergehen? Auf keinen Fall, sonst wäre er am Ende nur ein Bauernopfer gewesen. Im Getöse der „Schlacht“ ist einiges untergegangen: zum Beispiel, dass Arbeiterkammer-, Gewerkschafts- und Sozialversicherungsspitzenfunktionäre annähernd so viel verdienen wie ein WKO-Präsident – und die Chefs von staatsnahen Betrieben sogar ein Mehrfaches davon. Aber Mahrer, eigentlich ein kluger Kopf, hat eben das „G’spür“ verlassen für das, was geht.
Das wahre Problem des Landes ist die stete Aufblähung staatlicher und staatsnaher Institutionen, die sich dann selbst Arbeit schaffen. Möglicherweise ein später Nachhall der Monarchie, wo die Beamtenstadt Wien ein riesiges Reich administrierte. Doch heutzutage ist die Bundeshauptstadt schon damit überfordert, einen zur Hälfte vom Bund bezahlten und ohnehin bereits um Jahre verspäteten U-Bahnbau ordentlich abzuwickeln. Das dräuende Budgetgewitter schob man vor der Wien-Wahl Richtung Bund, erst jetzt entlädt es sich mit einem Knall. Wo ist eigentlich die digitale Verwaltung, die diese Dimension rechtzeitig sichtbar hätte machen müssen? Und trägt dafür auch irgendjemand Verantwortung?
Nein, genauso wenig wie für die aus dem Ruder gelaufenen Staatsfinanzen. Die amtierende Bundesregierung muss das Minimum an notwendiger Sanierung verwalten. Mehr Kraft hat sie nicht – und kann sie aufgrund der Zusammensetzung mit drei so unterschiedlichen Parteien auch nicht haben. Theoretisch könnte die Sozialpartnerschaft jetzt sogar stützend sein. Schließlich hatte sie den Sinn, die seit den 1920er-Jahren verfeindeten Lager zu versöhnen. Das ist gelungen – und oft funktioniert das System ja, siehe die zuletzt maßvollen Beamtengehalts- und Pensionserhöhungen.
Doch diese per Verfassungsgesetz einzementierten Einrichtungen haben sich samt einem riesigen Pulk an (freigestellten) Funktionären und Quasi-Beamten verselbstständigt. Im stillen Einvernehmen von Schwarz und Rot sitzen Kammerfunktionäre überall. Muss das schlecht sein? Nicht unbedingt. Natürlich bringen die Sozialpartner auch Expertise ein und garantieren den Fortbestand eines Systems, unabhängig von populistischen Aufwallungen. Aber: Die nun längst überfällige Reform und Verschlankung des Staates wird be(ver-)hindert.
Auch das Wirken des Föderalismus muss dringend überdacht werden: Der Mechanismus, in dem neun Länder Geld ausgeben, das sie nicht selbst einnehmen und den Schwarzen Peter immer dem Bund zuschieben, ist nicht mehr funktionstüchtig. Die größte Leistung der heimischen Realverfassung ist daher womöglich das Beharrungsvermögen. Daran ändert auch ein Rücktritt nichts.
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