Österreich betreibt keine frauenfreundliche Politik
Eigentlich sind sie ermüdend: Die immerzu gleichen Debatten an Aktionstagen wie dem „Equal Pay Day“. Also jenem Tag, an dem Männer in Österreich so viel verdient haben wie Frauen über das gesamte Jahr betrachtet. Dieser fiel heuer auf den 2. November. Die Politik bedenkt ihn meist mit ein paar Tagen Kritisieren oder Kalmieren – je nach Couleur. Man könnte auch sagen: mit Scheingefechten. Dann verkommt Frauenpolitik wieder zur Nebensache. Außer, es gibt einen anderen Frauen-Aktionstag.
Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ), vor Amtsantritt durchaus mit Lorbeeren bedacht, hat diese bisher nicht gerechtfertigt. Anders formuliert: Sie tritt kaum in Erscheinung. Gerade von der SPÖ, die sich Frauenpolitik besonders prominent an die Fahne heftet, müsste man derzeit lautere Töne erwarten. Vielleicht ist auch die Prioritätensetzung eine falsche?
Dass drei von zehn Pensionen kommendes Jahr unter der Inflationsrate steigen, hat für deutlich lauteres Gezeter in der Sozialdemokratie gesorgt als der Umstand, dass Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe nun zwei Jahre nicht an die Teuerung angepasst werden.
Das Problem ist jedenfalls ein parteienübergreifendes: Österreich betreibt keine familien- und damit auch keine frauenfreundliche Politik. Das gilt insbesondere dann, wenn beide Elternteile Karriere-Ambitionen hegen. Es beginnt beim schleppenden Ausbau der Kinderbetreuung. Dass die Länder hier Millionen an Bundesförderungen liegen lassen, ist nicht zu begreifen – und lässt weiterhin vielen Müttern keine andere Wahl als länger in Karenz oder Teilzeit zu verharren. Warum den Müttern?
Weil Österreich bei der Aufteilung der Sorgearbeit im vergangenen Jahrhundert lebt. In Väterkarenz gehen nach wie vor nur 16,7 Prozent – ein absoluter Negativwert in der Europäischen Union.
Es wäre blauäugig zu glauben, dass sich diese Zahlen ohne Zwang – zum Beispiel eine verpflichtende Halbe-Halbe-Karenz – ändern werden. Im Gegenteil, patriarchale Verhältnisse feiern gerade eine Renaissance. Das liegt an den Migrationswellen der vergangenen zehn Jahre. Die Erwerbsquote von Migrantinnen aus Syrien und Afghanistan ist besonders niedrig, die Geburtenrate – allen voran bei syrischen Frauen – besonders hoch.
Das verunmöglicht eine Integration in den Arbeitsmarkt. Dass es zur Situation in der aktuellen Form überhaupt kommen konnte, liegt an zu üppigen Sozialleistungen, vor allem in Wien. Es gibt einen guten Grund, warum sich der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern im Vergleich zum Vorjahr in allen Bundesländern verkleinert hat – außer in der Bundeshauptstadt.
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