Die Blaue, die Frauen "sichtbar" machen will

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Lisa Frühmesser-Götschober ist eine von immer noch nur zwei FPÖ-Politikerinnen im Wiener Gemeinderat. Sie schlägt konstruktive Töne an.

Die FPÖ hat ihren Frauenanteil im Wiener Gemeinderat mit einem Schlag verdoppelt. Geschuldet ist das Lisa Frühmesser-Götschober, die Ende September als neue Abgeordnete angelobt wurde. Sie ist nun eine von zwei weiblichen Mandataren (von insgesamt 22) in den blauen Reihen im Rathaus.

Der Anlass, der Frühmesser-Götschober in den Gemeinderat nachrücken ließ, ist ein tragischer. Der langjährige FPÖ-Politiker Wolfgang Seidl, der seit 2010 im Gemeinderat saß, verstarb Anfang September schwer erkrankt im Alter von nur 55 Jahren. Seidls Amt als Zweiter Gemeinderatsvorsitzender übernahm Armin Blind, das frei gewordene Mandat ging an Frühmesser-Götschober.

Die 32-jährige gebürtige Steirerin ist politisch sozialisiert in Döbling – und kein unbeschriebenes Blatt. Innerhalb der Partei ist sie gut vernetzt. Schon in den Jahren 2015 bis 2020 saß sie im Gemeinderat. Nach ihrem Ausscheiden werkte sie als Fachreferentin für Harald Vilimsky im EU-Parlament, dann zog es sie zurück in die Steiermark, wo sie für Landeshauptmann Mario Kunasek arbeitete.

Götschober im Visier der Justiz

Auch privat spielt die Partei ein gewichtige Rolle im Leben von Frühmesser-Götschober: Seit einem Jahr ist sie mit Herwig Götschober verheiratet, der in der Leopoldstadt als Bezirksrat tätig ist – und 2018 unfreiwillige Bekanntheit erlangte. Er war Mitarbeiter des damaligen FPÖ-Verkehrsministers Norbert Hofer, als die Justiz in der sogenannten Liederbuch-Affäre ermittelte und auch Götschober als Obmann der Burschenschaft Bruna Sudetia (letztlich ergebnislos) ins Visier nahm. Mittlerweile ist Götschober neben seiner Parteiarbeit im Bezirk auch Sprecher von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz.

Lisa Frühmesser-Götschober, FPÖ, Frauenpolitik, Wien

Lisa Frühmesser-Götschober rückte Ende September in den Wiener Gemeinderat nach. 

Doch zurück zu Frühmesser-Götschober: Sie will sich in Wien um die blaue Frauenpolitik kümmern – ein Thema, das sie schon bisher begleitet hat. Und dass in der männlich dominierten FPÖ kein ganz einfaches ist. Nicht nur im politischen Personal sind Frauen eher die Ausnahme; auch bei männlichen Wählern kann die Partei traditionell stärker punkten. Frühmesser-Götschober winkt im KURIER-Gespräch ab: Frauen würden nur „nicht so offen kommunizieren, dass sie uns wählen.“

Konstruktive Töne

Politisch schlägt Frühmesser-Götschober betont konstruktive Töne an. „Alle Parteien haben unterschiedliche Zugänge, aber uns eint ein Ziel: Das Leben der Menschen besser machen“, sagt sie. Und: „Wenn jeder immer nur starr auf seiner Ideologie beharrt, kommen wir nicht weiter.“ Mit diesem Zugang sieht sie sich auch in der Nachfolge des verstorbenen Wolfgang Seidl, den sie als „Freund und Mentor“ bezeichnet. „Er war einer, der mit allen über die Parteigrenzen hinweg reden konnte. Das will ich in seinem Sinne fortführen.“

Was aber brauchen die Frauen aus Frühmesser-Götschobers Sicht? „Frauen werden in der Gesellschaft wieder unsichtbarer“, sagt sie. „Die Politik muss sie ermächtigen, am Alltag selbstbestimmt teilzunehmen.“ Sei es durch qualitätsvolle Kinderbetreuung („Nur dann ist echte Wahlfreiheit gegeben“) oder andere Maßnahmen, die „helfen, die Einkommensschere zu schließen und Altersarmut zu verhindern“. Auch der Frauengesundheit will sie sich annehmen.

"Niemand soll auf Teilhabe verzichten"

Natürlich steht auch das Thema Sicherheit auf Frühmesser-Götschobers Agenda. „Niemand soll aus Angst auf die gesellschaftliche Teilhabe verzichten müssen“, sagt sie. Und: Sicherheit sei „kein Luxus, sondern die Grundvoraussetzung für Freiheit. Eine Gesellschaft, in der Frauen aus Angst vor Übergriffen am Abend zu Hause bleiben, ist keine freie Gesellschaft.“

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FPÖ-Mandatar Wolfgang Seidl starb im September. 

Ihr Vorstoß: Kostenlose Taxi-Gutscheine für Frauen, die von 22 bis 6 Uhr gelten und eine „sichere Heimfahrt“ ermöglichen. Erhalten sollen sie primär Schülerinnen, Studentinnen und weibliche Lehrlinge, aber auch Pensionistinnen und Frauen mit Behinderung. Die Politikerin verweist auf erfolgreiche Pilotprojekte in deutschen Städten. „Der finanzielle Aufwand ist überschaubar.“

"Man muss offen bleiben"

Und was ist nun mit „ungezügelter Masseneinwanderung“, „links-wokem Genderwahnsinn“ und anderen FPÖ-Floskeln? Nichts. Die Politikerin macht – vorerst – keine Anstalten, in Kampfrhetorik zu verfallen. Im Gegenteil: „Ich finde, man muss offen bleiben, damit man ein Gefühl für die Menschen kriegt.“

Auch das wäre wohl in Wolfgang Seidls Sinne.

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