Der "Geburtenkollaps" verändert die Welt

Der "Geburtenkollaps" verändert die Welt
Die Geburtenraten sinken vielerorts dramatisch, was einen derzeit noch unterschätzten sozialen Wandel auslösen wird.
Martina Salomon

Martina Salomon

Weitgehend unbemerkt ist diese Woche eine Studie zum Thema Geburtendefizit erschienen. Es ist übrigens das höchste seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Integral-Institut, das die Arbeit ausgerechnet im Auftrag eines Ambulatoriums für Schwangerschaftsabbruch erstellt hat, sieht einen gestiegenen Wunsch nach besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie nach höherem Einkommen und folgert daraus einen „negativen Befund für die Sozial- und Familienpolitik“.

Das greift zu kurz. Könnte es nicht ebenso am überbordenden Anspruchsdenken liegen, wonach der Staat dem Einzelnen gefälligst alle Steine aus dem Weg zu räumen habe? Anspruchsdenken wohl auch, was die private Partnerschaft betrifft: Warum sich binden, wenn der Markt an potenziellen Gefährten auf Internetplattformen riesig und die nächste Kandidatin nur einen Handy-„Fingerwisch“ entfernt ist? Eine langfristige stabile Beziehung ist laut Integral-Studie aber das Wichtigste für die Umsetzung des Kinderwunsches.

Ein nicht zu unterschätzender Grund ist sicher auch das Gefühl einer Häufung von Krisen, was Existenz- und Abstiegsängste erzeugt. Pessimisten setzen eher keine Kinder in die Welt. Dabei gab es in Österreich niemals zuvor eine Zeit mit so vielen Anstrengungen, um Eltern das Leben zu erleichtern: superflexible Arbeitszeiten für Karenzrückkehrer(innen), Homeoffice, Anrechnung der Erziehungszeiten an die Pension, viel mehr öffentliche Kinderbetreuung (auch wenn das noch immer stark verbesserbar ist) als noch vor einer Generation, und zu allen Familienleistungen noch ein Familienbonus obendrauf.

Aber ist Kinderkriegen wirklich eine Geldfrage? Eher nicht, es sind die Höhergebildeten und die Städter, die lieber kinderlos bleiben. Um dem Mittelstand (der sich zu Recht als Last-Esel der Nation fühlt) das Kinderkriegen schmackhafter zu machen, müsste es massive steuerliche Anreize geben – vielleicht nach französischem Vorbild ab dem dritten Kind. Aber das verhindern Verfassungsgerichtshof und die nun bald wieder mitregierende SPÖ. Österreich müsste angesichts dieses Trends jedenfalls auf gezielte qualifizierte Zuwanderung setzen, wird aber von ungeregelter Migration (samt Familiennachzug) aus islamisch geprägten Regionen überrollt, was das demografische Problem nicht lindert, sondern zumindest vorübergehend sogar verschärft.

Für Elon Musk ist der „Geburtenkollaps“ ein größeres Problem als der Klimawandel. Natürlich kann man den Milliardär für verrückt halten, aber selbst die Fachzeitschrift Lancet meint, dass der Geburtenschwund die Weltwirtschaft und das internationale Machtgleichgewicht völlig umgestalten wird und eine Neuordnung der Gesellschaften erforderlich macht. Japan (1,2 Kinder pro Frau), China (1 Kind ) und Südkorea (0,7) erleben das bereits. Beunruhigende Aussichten.

Kommentare