Die Emissionen müssen runter: Oder wollen Sie es noch heißer?

Wirtschaftliche Schwergewichte wie Nokia, Allianz und Ikea, SAP und die Otto-Gruppe sowie an die 140 weitere europäische Unternehmen haben sie gefordert: eine unverrückbare Wegmarke; ein Ziel, das Europa bis 2040 unbedingt schaffen muss. Gestern hat sie die EU-Kommission in Brüssel nach erheblichen Verzögerungen präsentiert: die Vorgabe, binnen der nächsten 15 Jahre die Treibhausgasemissionen in der EU um 90 Prozent (ausgehend vom Niveau 1990) zu senken.
Das wird ein gewaltiger Kraftakt, aber ganz unmöglich ist er nicht – auch wenn Teile der Industrie und der Wirtschaft und auch so manche Staaten protestieren:
Von „Ökowahnsinn“ und der „Diktatur aus Brüssel“, von der nächsten „Bürokratielawine“ bis zur Unbezahlbarkeit der Maßnahmen ist die Rede. Dabei werden gerade dieser Tage Millionen Europäer, die nicht das Privileg haben, in klimatisierten Räumen arbeiten und leben zu dürfen, schwitzend und leidend daran erinnert, dass der Kontinent immer heißer wird.
40 Grad im Schatten sind schwer zu ertragen, aber wie wird es erst mit 43 oder 44 Grad sein?
Die aber drohen früher oder später, zumindest der kommenden Enkelgeneration – wenn nicht sofort die Notbremse gezogen wird. Vieles ist schon geschehen, punkto Klimaschutzmaßnahmen, in Richtung Umstieg in eine fossilfreie Energiegewinnung – dem Green Deal der EU sei Dank. Bis 2030 sollte die EU 55 Prozent ihrer Treibhausgase reduzieren – und sie ist offenbar auf dem besten Weg dazu.
Ein Etappenziel
Notwendig war aber auch noch ein zwischenzeitliches Etappenziel – besonders für die Wirtschaft, die oft über sehr lange Zeiträume für ihre millionenschweren Investitionen planen muss.

Hitze in Madrid: Hutverkäufer haben Hochsaison
Und so sind es eben zahlreiche europäische Großkonzerne, die genau das fordern: Strenge und klare Vorgaben, sogar minus 90 Prozent, aber dann bitte so, dass Politiker vor Wahlen nicht plötzlich die populistsche Volte vollziehen und Klimaschutz in den Wind schießen.
Nur mit einem neuen Etappenziel, eben für das Jahr 2040, ist in diesem Hürdenlauf gegen die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels der Zieleinlauf zu schaffen. Das endgültige Ziel liegt im Jahr 2050, wo die EU plangemäß klimaneutral sein soll – also nicht mehr klimaschädliche Emissionen ausstößt als abgebaut oder gebunden werden.
Wird es reichen?
Dass Klimaschutz aber nicht gegen den Willen der Bürger und Staaten zu dekretieren ist, hat auch die EU-Kommission in Brüssel begriffen. Und so bietet sie einen Kompromiss an: EU-Staaten können bis zu drei Prozentpunkte (der 90 Prozent) durch die Förderung von Projekten in Drittstaaten erreichen.
Wird es reichen, um die Erderwärmung zu stoppen? Der Wirtschaft nimmt es zumindest ein wenig Druck – und es steigert die Akzeptanz, sich für den Klimaschutz ins Zeug zu werfen.
Kommentare