Heute ist ein Tag der Freude, doch es gibt noch viel zu tun

Israelis gather as hostages held by Hamas set to be released
Heute ist ein Tag der Freude in Nahost – doch um einen dauerhaften Frieden bewerkstelligen zu können, sind Mammutaufgaben notwendig.
Armin Arbeiter

Armin Arbeiter

738 Tage Hölle. 738 Tage Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Wut – all das wich am Montag Erleichterung und Freude bei den freigelassenen israelischen Geiseln, ihren Angehörigen und jedem Menschen, der zu Emotionen fähig ist. All die ausgestandenen Ängste, schlaflosen Nächte, all das Martyrium – alles wird in der kommenden Zeit aufgearbeitet werden müssen, doch der Montag ist ein Tag der Freude. Und vielleicht auch der Beginn eines Friedens. Vielleicht. Noch ist vieles offen – etwa die Entwaffnung der Terrororganisation Hamas. „Der Gesandte Gottes ... sagt: ,Die Stunde (der Auferstehung) wird nicht kommen, bis die Muslime gegen die Juden kämpfen. Die Muslime werden sie töten, bis sich der Jude hinter Stein und Baum verbirgt, und Stein und Baum dann sagen: Muslim, Oh Diener Gottes! Da ist ein Jude hinter mir. Komm und töte ihn’ (…)“, steht etwa in der Charta der Terrororganisation, deren Ziel nach wie vor die Auslöschung des jüdischen Staates ist.

Mit einer solchen Gruppe ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Staat zu machen. Dass es bereits am Wochenende im Gazastreifen zu Kämpfen zwischen der Hamas und anderen Gruppen kam, zeigt, dass die Zeit für eine Neuordnung drängt. Diese zu bewerkstelligen, wird nicht leicht. Angefangen mit einem unfassbar schwierigen Wiederaufbau – denn auch für die Palästinenser waren die vergangenen 738 Tage die Hölle: Beseitigung von 53 Millionen Tonnen Schutt und Zehntausenden Blindgängern, massive Kosten, die wohl zu einem großen Teil die EU tragen wird. Wiederherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung. 

Bis der Gazastreifen wieder vollständig aufgebaut ist, sagen Experten, dürfte es 80 Jahre dauern. Um einen dauerhaften Frieden zu bewerkstelligen, müsste das schneller gehen. Die Palästinenser brauchen glaubhafte Perspektiven für ein besseres Leben. Im Gazastreifen wie im Westjordanland. Und dennoch dürfte dieses Unterfangen leichter sein, als zu einer politischen Lösung zu gelangen, die verhindert, dass Terrorgruppen wie die Hamas abermals ihr hässliches Haupt erheben. Die Freilassung von 2.000 Gefangenen, die zu einem Gutteil brutale Mörder und Terroristen sind, wird nicht zur Beruhigung der Lage beitragen. Zur Erinnerung: Yahya Sinwar, jener Terrorist, der den 7. Oktober 2023 maßgeblich geplant hatte, kam 2011 gemeinsam mit 1.026 weiteren Gefangenen im Austausch für den israelischen Soldaten Gilad Schalit frei.

Je nachdem, welche Staaten Truppen stellen, um für Sicherheit und Ordnung im Gazastreifen zu sorgen, wird es notwendig sein, dass eine Balance zwischen Befürwortern der Muslimbruderschaft (Türkei, Katar), der die Hamas nach wie vor nahesteht, und entschiedenen Gegnern (Ägypten, Vereinigte Arabische Emirate, Saudi-Arabien) besteht.

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