Edi Finger sen. brüllte im Radio den legendären Satz „I wer narrisch“ – später waren auch die Wiederholungen im Fernsehen mit Fingers Stimme versehen, eine Art von fußballerischen Fake News. Córdoba war seither irgendwo zwischen „Österreich ist frei“-Ruf und Klammer’schem Olympiaritt angesiedelt, vielleicht kommen irgendwann „Koste es, was es wolle“ und „So sind wir nicht“ in die Nähe, das weiß man erst mit Verzögerung.
Die optimistischen Rechner warfen sich nach dem Match sofort in rotweißrote Schale und versuchten zu belegen, dass der Einzug ins Finale praktisch gewiss sei. Die Nörgler, die alles nur auf Glück und Tagesverfassung zurückführen, wurden mit einem Schuss weniger. Und dieses Land, das fußballerfolgsmäßig jahrzehntelang ausgehungert war, kippte in den Himmelhochjauchzend-Modus, den mitzuerleben viele Vorzüge hat.
Ein Erfolg gegen die Niederlande, ein Gruppensieg vor Frankreich – das tut nach Corona, Regierungswechseln, besonders hoher Inflation richtig gut. Im politischen, im ideologischen Bereich ließ sich ja zuletzt kaum eine Einigung auf gemeinsame Werte finden, da gab es eher (atmosphärische) Nasenbrüche wie bei Mbappé.
Was nun aber beim möglicherweise beginnenden Sommermärchen der Teamkicker dazukommt, ist eine völlig unösterreichische Einstellung: Sie rufen sich selbst nicht, wie beim Ballyhoo im Boxen, zu den Größten aus. Sie versuchen von Spiel zu Spiel zu denken, geben sich nicht mit Zwischenbestzeiten oder Halbzeit-Triumphen zufrieden, sind nicht mehr die Hättiwaris von einst, die geborenen Kleinstaatler, die auch auf Platz 2, also als heimliche Sieger, glücklich sind. Sie wollen, aufgestachelt von einem deutschen Trainer, tatsächlich mehr.
Österreich kann vom österreichischen Team Einiges lernen: wie man Erfolge feiert, nüchtern analysiert statt sich freudetrunken zurückzulehnen, wie man sich an der Spitze orientiert statt an der Regionalliga.
Für ein Land wie dieses ist es gar nicht so leicht, mit großen Erfolgen umzugehen, weil wir sie am Weltmarkt selten haben (oder nicht sehen), und auch weil der Neid ein Hund ist. Wir werden sehr schnell narrisch. Hoffentlich diesfalls zurecht. Chapeau dem ganzen Nationalteam!
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