Die Last des Walter Rosenkranz

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage und des notwendigen Sparprogramms der Bundesregierung ist es für viele politische Beobachter und auch die Parteien selbst nur ein Nebenschauplatz. Dennoch müssten alle Augen momentan auch auf das Parlament gerichtet werden, das in eine Krise geschlittert ist. Der Anlass: das Tauziehen um FPÖ-Nationalratspräsident Walter Rosenkranz und dessen Vorsitz beim Nationalfonds für Opfer der NS-Zeit.
Dass die Diskussion darüber zu einem für das Ansehen des Hohen Hauses unwürdigen Schauspiel geworden ist, hat mehrere Ursachen. Da ist einmal Walter Rosenkranz selbst. Er hat in der Causa eine eigenartige Rolle eingenommen. Am Beginn seiner Amtszeit als Nationalratspräsident gab es Bekenntnisse zu einem sensiblen Umgang mit der Aufarbeitung der NS-Zeit und dem Kampf gegen den Antisemitismus. Zwei Bereiche, die im Parlament bisher immer direkt mit der Funktion des Nationalratspräsidenten verbunden waren und sind. Dennoch hat Rosenkranz bei anderen Gelegenheiten die notwendige Abgrenzung vermissen lassen. Vor allem, als es um die möglichen rechtsextremen Kontakte seines ehemaligen Büroleiters René Schimanek ging.
Drittens hat er sich im Parlament bisher nie ganz klar positioniert, welche Konsequenzen er aus der Kritik von der Israelitischen Kultusgemeinde und den Opferverbänden an seiner Person zieht. Zuletzt hat er erklärt, zur Seite zu treten und bei öffentlichen Terminen des Nationalfonds den Zweiten Nationalratspräsident Peter Haubner (ÖVP) mit der Vertretung zu betrauen. Den Vorsitz will er formell dennoch weiter behalten. Eine etwas eigenartige Lösung. Was er tatsächlich machen wird, scheint letztendlich noch immer nicht ganz klar zu sein.
Aber auch andere Parteien spielen keine glückliche Rolle. Zuerst wurde Walter Rosenkranz mehrheitlich zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Zu diesem Zeitpunkt mussten alle wissen, dass der Kremser einer rechten, schlagenden Burschenschaft angehört. Und dass es zu Konflikten kommen könnte, weil er als Nationalratspräsident automatisch den Vorsitz beim Fonds einnimmt. Danach haben sich ÖVP, SPÖ, Neos, Grüne zusammengetan, um rechtlich eine Möglichkeit zu schaffen, ihn von diesem Vorsitz zu entfernen. Das sind Winkelzüge, die dem Amt des Nationalratspräsidenten – protokollarisch eine der höchsten Funktionen in der Republik – schaden. Auch in der Zukunft.
Das alles passiert genau in jenem Jahr, in dem wir den 80. Jahrestag des Endes der Nazi-Herrschaft und die Geburtsstunde der Zweiten Republik feiern. Es macht uns jedenfalls in erschreckender Weise deutlich, dass wir mit dieser geschichtlichen Last noch immer oder wieder nicht befreit umgehen können. Das gilt für alle Seiten.
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