Wir schaffen das!?

Zum Jahrestag werden jetzt die Bilder wieder auftauchen. Von Zigtausenden gestrandeten Flüchtlingen aus Syrien rund um den Bahnhof in Budapest, die mit Sonderzügen nach Österreich und Deutschland gebracht worden sind. Von zahlreichen Freiwilligen, die zu den großen Bahnhöfen geeilt waren, um diesen Menschen zu helfen.
Von so manchem Politiker, der sich mit glücklichen Migranten fotografieren hat lassen. Von der ungarisch-österreichischen Grenze, wo Polizei und Heer aufmarschieren mussten, um dem Druck der Tausenden Asylwerber standhalten zu können.
Neuer Kurs gegen Flüchtlinge
Es geht um den August im Jahr 2015 und die große Flüchtlingswelle, die die EU auch zehn Jahre danach nicht aufgearbeitet hat. Über all dem steht der Satz der damaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Wir schaffen das.“ Der sollte Zuversicht ausstrahlen, hat sich aber nicht erfüllt. Im Gegenteil. Seit dieser Flüchtlingswelle leben wir in einem anderen Europa. In den meisten Staaten sind jene Parteien nach oben gekommen, die sich einen strikten, ja sogar radikalen Kurs gegen Migranten auf ihre Fahnen geheftet haben. In Österreich ist das der FPÖ gelungen, in Deutschland wurde die AfD gegründet, der sofort ein rasanter Aufstieg möglich war.
Das führte dazu, dass selbst christlich geprägte Parteien wie ÖVP oder CDU in dieser Frage immer härtere Töne angeschlagen haben. Und in Dänemark regiert eine Sozialdemokratin, die derzeit wohl den konsequentesten Kurs gegen Flüchtlinge eingeschlagen hat.
EU-Migrations- und Asylpakt
Am deutlichsten zeigt sich das veränderte Europa an den Grenzen. Eine EU, die innerhalb der Schengen-Außengrenzen totale Reisefreiheit ohne Kontrollen möglich macht, ist nur noch eine Wunschvorstellung. Die illegale Migration hat in den vergangenen zehn Jahren mit sich gebracht, dass die meisten Staaten wieder Grenzkontrollen eingeführt haben.
Zuletzt Deutschland, wo der neue CDU-Kanzler Friedrich Merz in der Migrationspolitik einen radikalen Schwenk gemacht hat. Weg von der Politik seiner CDU-Vorgängerin Angela Merkel. Schuld an der Entwicklung ist auch die EU-Kommission, die in der Flüchtlingsfrage viel zu spät munter geworden ist. Erst enormer Druck von Mitgliedsstaaten führte zum EU-Migrations- und Asylpakt.
Wie schwierig allerdings die Umsetzung wird, hat sich am Freitag gezeigt. Da hat der Europäische Gerichtshof EuGH mit einem wegweisenden Urteil die Hürden für die Festlegung sicherer Herkunftsstaaten für beschleunigte Asylverfahren erhöht. Und damit eines der größten Probleme der europäischen Flüchtlingspolitik aufgezeigt: Die Kluft zwischen den politischen Zielen der Regierungen und den rechtlichen Rahmenbedingungen.

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