Fachkräfte wachsen nicht auf Bäumen: Was jetzt zu tun ist

Fachkräfte wachsen nicht auf Bäumen: Was jetzt zu tun ist
Die relativ düsteren Prognosen zur Personallücke sind unbestritten, umso skurriler, ja geradezu weltfremd, hört sich die Wahlkampfrhetorik an.
Anita Staudacher

Anita Staudacher

Auch wenn die  relativ hohen Arbeitslosenzahlen derzeit das Problem etwas  überdecken: Schon in  den nächsten fünf bis zehn Jahren ist Demografie-bedingt („Babyboomer-Pensionierungen“) mit einem verschärften Fachkräftemangel in vielen Branchen zu rechnen. 

Laut AMS-Prognosen wird bis 2050 die Zahl der erwerbsfähigen Personen in allen Bundesländern mit Ausnahme Wiens und Vorarlbergs schrumpfen – in Kärnten mit minus 14 Prozent im Vergleich zu 2023 am stärksten. Dass die Anzahl an geleisteten Arbeitsstunden schier unaufhörlich sinkt, macht die Sache noch schwieriger.

Wahlkampfrhetorik am Thema vorbei

Diese relativ düsteren Prognosen für Österreichs Wirtschaft und Sozialsystem sind unbestritten, umso skurriler, ja geradezu weltfremd, hört sich derzeit die Wahlkampfrhetorik an. Ideen von einer Festung Österreich mit weitgehender Abschottung (FPÖ), Förderung für überlange Arbeitszeiten (ÖVP) oder   abschlagsfreie  Frühpension für Langzeitversicherte (SPÖ) sind da eher kontraproduktiv. Ausländerfeindlichkeit, Arbeitszeitausweitung oder  Wiederbelebung der  Hacklerregelung  lösen kein Problem.

Aber was wäre zu tun? Weil Fachkräfte bekanntlich nicht auf  Bäumen wachsen, braucht es ein Bündel an Maßnahmen, die von der türkis-grünen Regierung zum Teil vernachlässigt wurden. Beispiel Arbeitslosengeld. Laut OGM-Umfrage (siehe unten) wollen fast zwei Drittel der Österreicher, dass der Zuverdienst beim Arbeitslosengeld eingeschränkt wird. Vorschläge dazu gebe es genug, das hätte also schon längst neu geregelt werden können. Wichtig wären vor allem folgende drei Punkte:

Erstens: Die strategische Anwerbung von qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten. Die einst sehr bürokratische Rot-Weiß-Rot-Karte wurde reformiert und sollte daher kein Hindernis mehr sein, das Klein-Klein zwischen Bundesländern, Branchen und ihren Interessensvertretungen sehr wohl.  Dass der heimische Tourismus mit einer Ausländerbeschäftigungsquote von mehr als 50 Prozent eine neue Saisonnierregelung braucht, liegt auf der Hand. 

Zweitens: Die Jobintegration von bereits im Inland befindlichen Asylberechtigten. Nur  Sozialleistungen zu kürzen wird nicht reichen, zumal für den Arbeitsmarkt  Fach- und Deutsch-Kenntnisse erforderlich sind. Spät, aber doch starten beim AMS Wien ab September die ersten Ganztages-„Schulen“ für asylberechtigte Jugendliche. Eine teure Maßnahme, aber nichts zu tun , wäre noch viel teurer.

Drittens: Das Potenzial im Inland besser ausschöpfen. Das heißt, vor allem dem Jugendwahn  abzuschwören und Ältere länger in Beschäftigung zu halten bzw. sie auch wieder einzustellen, wenn sie auf Jobsuche sind.  Ist der Arbeitsmarkt dafür reif genug, sollte  das Pensionsantrittsalter schrittweise hinaufgesetzt werden.  Weil es schlicht notwendig ist.

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