Ein guter Tag für die Justiz

MINISTERRAT PRESSEFOYER: SPORRER
Die Bundesstaatsanwaltschaft ist in vielerlei Hinsicht ein Fortschritt. Einige heikle Fragen bleiben – vorerst – offen.
Christian Böhmer

Christian Böhmer

Es waren zwei bedeutungsschwangere Sätze, die Justizministerin Anna Sporrer am Mittwoch formulierte: „Ich werde voraussichtlich die letzte Justizministerin sein, die Weisungen erteilen könnte. Und das ist gut so.“

Noch ist es nicht so weit. Noch liegt das entsprechende Gesetz weder im Nationalrat, geschweige denn ist es beschlossen – das kommt erst im Herbst.

Doch seit Mittwoch gilt es als fix, dass eine seit Jahrzehnten wogende Debatte einem guten Ende zugeführt wird: Österreich wird eine Bundesstaatsanwaltschaft bekommen, die Justizministerin soll nicht länger oberste Chefin der Staatsanwälte sein.

Der Wechsel ins neue Modell ist ohne Zweifel ein Fortschritt. Denn obwohl in der jüngeren Vergangenheit keine fragwürdigen Ministerweisungen diskutiert worden sind, wird nun ein Manko behoben, unter dem die Staatsanwaltschaften seit jeher litten: die Anscheinsproblematik.

Was ist damit gemeint? Allein der Umstand, dass ein Politiker die Letztverantwortung über die Staatsanwaltschaften innehat und in (politisch) heiklen Verfahren Weisungen geben könnte, birgt den Anschein von Parteilichkeit. Seit Jahren gehen entwickelte Demokratien in der Justiz daher in die Richtung von Kollegial-Organen – Österreich zieht diesbezüglich einfach nach.

Nach außen hin wird die Staatsanwaltschaft nachhaltig und sichtbar entpolitisiert.

Doch trotz dieses generellen Fortschritts bleiben einige, nicht ganz irrelevante Frage offen: Wie funktioniert die interne Kontrolle der neuen Superstaatsanwaltschaft? Wie geht man mit allenfalls irrlichternden Bundesstaatsanwälten um? Und wie und in welcher Form ist der Souverän, also das Parlament, in all das involviert?

Zur Erinnerung: Würde sich Justizministerin Sporrer als Weisungsbefugte der Staatsanwälte arge Verfehlungen leisten, könnte sie von Parlament, Kanzler und Hofburg ihres Amtes enthoben werden.

Bei der neuen Bundesstaatsanwaltschaft ist die Sache vertrackter. Entscheidungen werden zu dritt, also im Kollektiv, gefällt. Gleichzeitig erscheint es wenig sinnvoll, zwei Bundesstaatsanwälte für massive Verfehlungen ihrer dritten Kollegin automatisch „mithaften“ zu lassen.

Muss man sich an dieser Stelle wirklich darüber Gedanken machen, wie Bundesstaatsanwälte im Falle aus dem Amt entfernt werden können?

Ja, man muss. Denn auch wenn davon auszugehen ist, dass höchst integre Expertinnen die neue Behörde führen werden, wäre es respektlos der Institution gegenüber, würde man sie nicht nach Kräften vor korrupten Akteuren schützen. Und die gibt es – leider – überall. In der Justiz mit Sicherheit viel seltener als anderswo. Aber es gibt sie.

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