Trumps Zölle: Testfall für Europas Einigkeit

Trumps Zölle: Testfall für Europas Einigkeit
Mit seinen Zöllen will Donald Trump die EU spalten. Mit einer geschlossenen Union lässt sich nicht so gut pokern. Die hat nämlich gute Karten
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Die fade neue Freundin des Chefs, der halblustige Onkel des alten Schulfreunds: Es gibt Leute, denen man nur aus Höflichkeit, taktischen Gründen und mit demonstrativ heruntergezogenen Mundwinkeln bei einer Party die Tür aufmacht. 

In etwa so müssen sich die Spitzenverhandler der EU zuletzt in Washington gefühlt haben, wenn sie über Handelsfragen und Zölle reden wollten. 

Donald Trump war für sie ohnehin nicht zu sprechen, von anderen politischen Vertretern wurde man mit wild durcheinandergerührten Vorwürfen überhäuft, während die eigenen Vorschläge ignoriert wurden.

Weltwirtschaft in Aufruhr

Man kann dieses Auftreten als das erwartete weltpolitische Gepolter Trumps abtun oder auf die Strategie dahinter achten. Dass der US-Präsident jede Gelegenheit nützt, um seine Missachtung der EU deutlich zu machen, hat gute Gründe – und die werden in handelspolitischen Fragen deutlich, die die Weltwirtschaft in Aufruhr versetzen.

Europa als einen Haufen chronisch zerstrittener Staaten zu betrachten, entspricht nicht nur Trumps Weltbild, es ist auch ausgesprochen praktisch. So hat die Weltmacht USA in jedem Spiel die besseren Karten. Gegen Deutschland und seine Autoindustrie, die Trump schon immer ein Dorn im Auge war, kann man sich leichter durchsetzen, wenn man dessen Export-Abhängigkeit, vor allem gegenüber China, als wirtschaftspolitischen Hebel nützt. Die Agrarnation Frankreich lässt sich am besten mit Agrarpolitik oder auf den Finanzmärkten unter Druck setzen. Kleinere Staaten sind ohnehin der politischen Willkür des Riesen USA ausgesetzt.

Trumps Zoll-Poker: Ruhe bewahren

Mit der EU als Block aber lässt sich nicht so einfach Schlitten fahren. Da geht es um den wichtigsten Markt der Welt mit 450 Millionen Konsumenten. Wenn diese EU etwa die US-Digitalgiganten ins Visier nimmt oder zur Kasse bittet, werden die wohl früher oder später nach Europas Regeln spielen müssen, da sie auf dieses Spielfeld nicht verzichten können.

Anders als etwa in Fragen der Verteidigung, wo die EU meistens nur mit großen Worten Weltpolitik zu machen versucht, steht man in Handelsfragen, also auch im aktuellen Zollstreit, geschlossen da. Die Entscheidungen werden in Brüssel getroffen, Alleingänge einzelner Staaten sind nur in Ausnahmen möglich. 

Das mag EU-Skeptikern sauer aufstoßen, verschafft Europa aber politisches Gewicht, das Trump nicht so leicht aushebeln kann. Er wird gerade jetzt versuchen, die EU-Staaten auseinanderzudividieren. Dass die wirtschaftlichen Belastungen, die dieser Handelskonflikt unweigerlich bringt, für Unmut der Bürger sorgen werden, spielt ihm dabei in die Hände. Doch gegenüber einem Pokerspieler wie Trump gilt es vor allem einmal Ruhe zu bewahren und die eigenen Karten im Blick zu haben – und da hat Europa sehr gute, solange es geschlossen auftritt.

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