Die EU-Asylpolitik ist zu langsam

Die EU-Asylpolitik ist zu langsam
Die EU schließt mit Ägypten eine Partnerschaft, um illegale Migration zu verhindern. Dieser Schritt kommt leider viel zu spät
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Er ist keiner dieser Staatschefs mit einer weißen Weste, die Vertreter westlicher Demokratien auf einer Liste von idealen Gesprächspartnern anführen würden. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat sich 2013 mithilfe des Militärs an die Spitze geputscht und regiert seither den nordafrikanischen Staat mit eiserner Hand.

Dennoch muss EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Sonntag gemeinsam mit mehreren europäischen Staatschefs – darunter auch ÖVP-Kanzler Karl Nehammer – zu ihm nach Kairo pilgern, weil sie seine Hilfe braucht. Ägypten ist ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, Flüchtlingsströme nach Europa einzudämmen. Da kann man sich nicht aussuchen, mit wem man Partnerschaften aushandelt.

Ähnlich war die Situation im Vorjahr beim Migrationsgipfel des Bundeskanzlers mit dem ungarischen Premier Viktor Orbán und dem serbischen Präsidenten Aleksander Vučić. Da wurde Nehammer von der Opposition und von NGOs heftig kritisiert, dass er sich mit Politikern an einen Tisch setze, denen Angriffe auf Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaat vorgeworfen werden. Allerdings sorgte erst das Ende der Visafreiheit für Tunesier und Inder in Serbien dafür, dass sich diese Gruppen illegal nach Österreich aufmachten. „Der Kuschelkurs mit Schmuddel-Demokraten“, wie Kritiker das Treffen bezeichneten, zeigte letztendlich die erhoffte Wirkung.

Bei den sonntägigen Gesprächen in Kairo wird es aber weniger das Problem sein, dass man nicht mit einem lupenreinen Demokraten am Tisch sitzt, sondern dass die EU bei diesem Thema eigentlich viel zu spät dran ist. Jahrelang war die Asyl- und Migrationsdebatte von Befindlichkeiten innerhalb Europas bestimmt. Und von der trügerischen Annahme, der Deal mit Recep Tayyip Erdoğan und das Überweisen von vielen Euro-Milliarden an die Türkei würden das Problem von den Grenzen der EU fernhalten.

Weit gefehlt. Mittlerweile ringt man um die Umsetzung eines Asyl- und Migrationspakts, der unter anderem einen effektiveren Außengrenzschutz und Anhaltelager an diesen Grenzen beinhaltet. Manche Staaten – darunter auch Österreich – wollen sogar noch weiter gehen und Flüchtlingszentren gleich in Afrika errichten.

Das aktuelle Handeln der EU-Spitze kann nur mit dem Druck erklärt werden, der wegen des Asylproblems auf Brüssel lastet. Weil so wichtige Staaten wie Deutschland unter einer Migrationswelle leiden, weil die Reisefreiheit im Schengenraum nicht mehr funktioniert – und weil wegen der starken Migration die Rechtspopulisten im Aufwind sind. Das Ergebnis davon wird bei den EU-Wahlen am 9. Juni präsentiert werden. Für eine Wende kommt da der Ägypten-Deal der EU viel zu spät.

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