Eine China-zentristische Weltordnung? Vorerst nur leere Worte

Russlands Präsident Putin und Chinas Staatschef Xi Jinping
Einen Anti-USA-Block unter Führung Pekings zu bilden, bedeutet noch lange keine glaubwürdige Alternative zur Macht der USA.
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Die alte, von den USA geführte Weltordnung ist tot, es lebe die neue „multipolare Weltordnung“, die derzeit von China, Russland und Indien beim Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) gepriesen wird. So weit die Proklamationen und wortreichen Zielsetzungen der Herren Xi Jinping, Wladimir Putin und Narendra Modi. 

Dass diese Vision vom Ende einer postwestlich dominierten Welt von Moskau bis Peking höchst erstrebenswert scheint, überrascht wenig: Dort gäbe es keine Einmischung in innere Angelegenheiten mehr, dort definiert jeder Staat die Menschenrechte nach eigenem Ermessen, dort diktieren nicht mehr die USA oder die NATO die Verhältnisse.

Von der einstigen Großmacht Europa ist ohnehin schon keine Rede mehr. Der alte Kontinent wird auf der Weltbühne, vor allem der asiatisch geprägten, nur noch als abgelegter Ex-Freund der USA wahrgenommen.

Was also soll sie sein, diese neue Weltordnung, die von Chinas Staatschef Xi seit Jahren angepeilt wird?

Die erste Geige

Im Grunde geht es darum, dass die Volksrepublik in Zukunft als größte Weltmacht die erste Geige spielt – und Russland und Indien, und wer auch sonst sich noch in die zweite Reihe einordnen mag, sich nach Wunsch und Vorgabe Pekings in eine mächtige antiamerikanische Allianz zusammenschließen. 

Absurderweise ist es dabei ausgerechnet der US-Präsident, der dieser neuen Allianz am meisten Vorschub leistet: Schließlich ist es Donald Trump, der Indien mit halsbrecherischen Zöllen in Höhe von 50 Prozent belegt und so den bevölkerungsreichsten Staat der Welt in die Arme Chinas treibt. Und Putin, der ohne Pekings Rückhalt den Ukraine-Krieg nicht weiterführen könnte, nutzt sowieso jede Gelegenheit, dem verachteten Westen und dessen liberalen Werten Schläge zu versetzen.

Und doch sollte man die Kirche im Dorf lassen: Wenn beim Gipfel in China nun dem US-geführten „Hegemonismus“ das Ende prophezeit und die neue Weltordnung beschworen wird, ist das nicht viel mehr als leere Rhetorik. 

Jede Menge Konfliktstoffe

Zum einen sind da jede Menge Konfliktstoffe zwischen den zehn Mitgliedsstaaten der Schanghaier Zusammenarbeitsgruppe – zwischen Indien und Pakistan etwa. Selbst zwischen Indien und China schwelt stets ausreichend Streit. Konkrete Beschlüsse sind im chinesischen Tianjin also nicht zu erwarten – viele Worte, aber keine Schritte, wie sich eine glaubwürdige Alternative zur alten Weltordnung umsetzen ließe. 

Vor allem steht fest, dass China als sicherheitspolitischer Akteur bisher irrelevant war. Wer eine neue Ordnung anstrebt, muss sich auch bei der Bewältigung internationaler Krisen einbringen – und eine Führungsrolle übernehmen. Von China war in dieser Hinsicht bisher kaum etwas zu hören – nur von den USA.

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