Brandmauer gegen "es braucht"

Brandmauer gegen "es braucht"
Fakt ist, in der toxischen Gemengelage hat jeder sein Narrativ. Wer schafft den verbalen Turnaround?
Johanna  Hager

Johanna Hager

Zitate ziehen. Fast immer. Es sei denn, sie kommen so inflationär zum Einsatz wie Max Webers „Politik ist das Bohren harter Bretter“, das in der österreichischen Innenpolitik immer verkürzt wiedergegeben wird. Politik, so der deutsche Ökologe und Soziologe Weber „bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“.

Jegliches Maß verloren haben Politikerinnen und Politiker aller ideologischen (Aus-)Richtungen und Altersklassen, wenn es um der Worte Auswahl vor der Nationalratswahl geht. Es gibt kein Radio- oder Zeitungsinterview, kein Fernseh-Duell, keinen Podcast und keinen Social Media-Auftritt mehr, der ohne „es braucht“ auskommt.

Wer exakt ist „es“? Meinen Nehammer, Kogler und Co. sie, ihn, uns oder die anderen, wenn sie „es“ sagen? Und kennen sie „es“ persönlich? Wenn ja: Warum sprechen die Spitzen der Parteien „es“ nicht konkret an? Sagen „der Staat“, „die Republik“, „die Wähler“, „die Bevölkerung“ oder schlicht „die Menschen“, die oft nur mehr als „Personen“ bezeichnet werden, wiewohl die Wahlwerbenden stets vorgeben, für „die Leute“ da sein zu wollen?

„Es braucht“ ist so schlechtes Deutsch wie das aus dem Englischen übernommene Apostroph beim Genetiv-S falsch ist. Politiker in Bund und Ländern wie Entscheidungsträger aller Art sprechen immer öfter von „incentives“, wenn es um „Anreize“ geht und von „change“, wenn sie „Veränderung“ meinen, um den „turnaround“ zu schaffen, den man schlicht „Trendwende“ nennen könnte.

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