Lehren aus einer Tragödie
Vorweg: Selbst bei bester Versorgung hätte es im aktuellen Fall passieren können, dass jede Hilfe zu spät gekommen wäre. Das liegt in der Natur von derart dramatischen medizinischen Notfällen, wie es der Einriss einer Hauptschlagader ist.
Dennoch darf die Politik nach dem tragischen Tod einer 55-jährigen Oberösterreicherin, für die trotz dieses lebensbedrohlichen Zustands kein geeigneter Spitalsplatz gefunden werden konnte, nicht zur Tagesordnung übergehen: Zu gravierend sind die strukturellen Mängel in Österreichs Spitalssystem, die mit diesem Fall zutage treten. Wie sonst ist erklärbar, dass ausgerechnet in einem Land, das bei der Pro-Kopf-Zahl der Ärzte und der Spitalsbetten nach wie vor im EU-Spitzenfeld liegt, eine Notfall-Patientin nicht ausreichend behandelt werden kann?
Einmal mehr zeigt dieser Fall, dass mit den vorhandenen Ressourcen im Gesundheitssystem alles andere als effizient umgegangen wird. Wie viele andere Versorgungsbereiche sei auch die Intensivmedizin in Österreich sehr kleinteilig strukturiert, kritisiert etwa der Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer. Mit Einheiten, deren Bettenzahlen mitunter deutlich unter den an sich vorgegebenen Mindestzahlen liegen.
Geschuldet ist dies oft der von kurzsichtigen Partikularinteressen getriebenen Vorstellung, dass selbst das kleinste Bezirksspital eine Rundumversorgung anbieten muss. Um den Preis, dass eine derartig zersplitterte Spitalslandschaft ohne zentrales Belagsmanagement deutlich personalintensiver ist als eine mit größeren Einheiten. Mit denen sich aufgrund der höheren Fallzahlen auch eine bessere Behandlungsqualität erzielen lässt.
All das ist seit Jahren bekannt, all das wird seit Jahren diskutiert, wenn es um eine umfassende Strukturreform geht, die das Gesundheitssystem dringend benötigt. Passiert ist bis dato – nichts. Der letzte Versuch einer Reform, angestoßen vom grünen Gesundheitsminister Johannes Rauch, blieb auf halbem Weg stecken. Zu unüberwindbar waren die einander oft widersprechenden Interessen von Bund und Ländern, Sozialversicherung und Ärztekammern.
Jetzt steht die nächste Gesundheitsreform an: Im Zuge der „Reformpartnerschaft“ will die Dreierkoalition die verworrenen Zuständigkeiten im Gesundheitswesen neu ordnen, um die Strukturen – erraten – effizienter zu machen.
Freilich: Die Debatte um die ersten auf dem Tisch liegenden Vorschläge (Zentralisierung der Gesundheitsagenden auf Bundesebene) stimmt wenig zuversichtlich. Es bleibt nur eine Hoffnung: Der Spardruck und die Schieflage im System (siehe Oberösterreich) sind mittlerweile so enorm, dass den Verantwortlichen gar nichts anderes übrig bleibt, als über ihren Schatten zu springen.
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