Kurz als Prinz Eugen?
Was aber hat Kurz bisher für die Integration getan?
Nicht erst dieser Tage darf man vermuten, Außen- und Integrationsminister Kurz strebe nach Höherem. Dafür sind seine Aktionen und seine Wortmeldungen deutlich genug. Es nehmen aber zugleich die Kosten seiner Bemühungen zu. Wer aber nach Höherem strebt und allenfalls auch erhofft oder gar erwartet, das Ziel auch in absehbarer Zeit erreichen zu können, sollte bedenken, wie viele Schäden er anrichtet, bevor er dort ist, weil mit denen hat er dann zu tun.
Integration
Kurz’ erste Funktion war Integrationsstaatssekretär. Die hat er dann ins Außenministerium übernommen. Die erste Frage also lautet: was leistet er in Sachen Integration? Was man hört, sind vor allem Vorschläge für Auffangzentren in Nordafrika bzw. Vorschläge zur Verschärfung des Drucks auf Asylwerber. Sie sollen bloß nicht zu gut behandelt werden, sonst bilde das eine sogenannten "Pull-Effekt", lasse also befürchten, dass dadurch weitere angezogen würden usw. Was aber hat er bisher für die Integration derer getan, die dableiben dürfen? Wäre nicht das die eigentliche Aufgabe des Bundesministers für Integration? Freilich: Das ist weniger attraktiv, wenn man nach Höherem strebt. Es wäre Knochenarbeit in der Unterstützung zahlloser NGOs und sehr vieler Bürgermeister, die vielfach ohne jede Unterstützung diese Arbeit leisten. Da ist es schon leichter, von Zeit zu Zeit ein bisschen verbal hinzuhauen auf die Flüchtlinge. Das macht Stimmung.Kurz ist allerdings auch Außenminister. Und als solcher sollte er österreichische Interessen vertreten. Aber welches Interesse hat Österreich an besonders schlechten Beziehungen zur Türkei? Sein "mannhaftes" Eintreten für einen Verhandlungsstopp zwischen der EU und der Türkei hat zwar in dieser Sache rein gar nichts zum Besseren gewendet. Die Türkei kann, ohne die dafür bestehenden strengen Bedingungen zu erfüllen, wozu sie derzeit immer weniger in der Lage ist, ohnehin nicht der EU beitreten. Das hätte keinen Kurz gebraucht. Der Schaden, der allerdings durch sein großspuriges Reden entstanden ist, geht mittlerweile in die Millionen. Dass Kurz jetzt auch noch, allem Anschein nach ohne wirkliche Grundlage erklärt, ein Wahlkampfauftritt des türkischen Staatspräsidenten in Österreich sei nicht willkommen, entspricht der weitverbreiteten Stimmungslage, geht aber neuerlich in Richtung Schadensverschärfung. Die Nachricht an Erdoğan hätte man mit Mitteln der Diplomatie ruhiger und weniger provokativ vermitteln können. Das, worum es Kurz hier gegangen ist, ist ein Gespenst zu erfinden – denn solche lassen sich famos und mit Erfolg bekämpfen – es heldenhaft zu besiegen und sich dafür feiern zu lassen. Stimmung für den "Prinzen Eugen"!Vielleicht wäre es mit etwas Zurückhaltung in der reinen Luftpolitik auch möglich, höhere Ziele zu verfolgen, mit weniger Stimmungsmache gegen verschiedene Gruppen oder Länder und mit konsequenter Arbeit für ein Österreich, in dem das Zusammenleben funktioniert und dessen Interessen in der Welt mit Mut und Energie vertreten werden.
Problemlösung statt Stimmungsmache!
Caspar Einem ist Vizepräsident des Europäischen Forums Alpbach
Kommentare