Kopftuch, Strapse, Bösendorfer

Haben Volksschüler ein "Recht auf Selbstbestimmung"?, fragt Autor Niki Glattauer.
Niki Glattauer

Niki Glattauer

Auf Ö1 nach ihrer Meinung zu dem von der Regierung angedachten Kopftuchverbot in Volksschulen befragt, sagte eine Volksschuldirektorin aus Wien sinngemäß: ja super!, voll!, besser heute als morgen! Auf die Frage, ob die (sehr) geringe Zahl der Fälle nicht ein Gegenargument wäre, meinte sie: keineswegs, es gehe hier um das Recht der Selbstbestimmung. Mit keineswegs hat sie natürlich Recht, die Zahl der Fälle darf in einer Grundsatzfrage nie eine Rolle spielen. Aber „Recht der Selbstbestimmung“? Geh bitte! Wie selbstbestimmt waren wir seinerzeit, wenn wir Zwutschkerln von unseren Müttern mit komischen Mützen und Hauben bedeckt oder in selbstgestrickte Pullunder gequält wurden (von der Wahl der Brille, der Hausschlapfen, etc., rede ich gar nicht). Wie selbstbestimmt sind Volksschulkinder in Volksschulen? Kapperl runter!, Kaugummi raus!, Eistee weg, wir sind eine Wasserschule!, und jetzt Zweierreihe und der Mund ist zu! Volksschulkinder sind nicht selbstbestimmt. In fast gar nichts. Weil sie nämlich Volks.schul.kinder sind. Besser die Eltern bestimmen, was ein Kind trägt, als sonstwer. Oder?

Eltern sollen also mit ca. € 400 bestraft werden, wenn ihre Töchter Kopftuch tragen. Das ist zwar der politisch völlig falsche Ansatz, wenn es um Integration ginge (geht es ja nicht), aber die Welt wird deswegen nicht untergehen, schon gar nicht die des kleinen Morgenlands bei uns im großen Abendland. Vom Weg eines selbstbestimmten Miteinanders entfernt man sich dadurch halt wieder um ein paar Kilometer.

Jüngst konnte man(n) in der bunten Krone unter dem Titel „Pin-Ups im Konzertsaal“ Fotos von Musikerinnen aus dem Klassik-Fach an Pianos, Cellos und anderen Instrumenten bestaunen – in Strapsen und Dessous. „Klassik braucht mehr optischen Reiz“, war da zu lesen. Ist sie das, die „Selbstbestimmtheit“ unserer westlichen Frauen? Dass eine angeblich großartige Pianistin für ihre Beethoven-Sonaten werben muss, indem sie sich in Strapsen auf einem Bösendorfer-Flügel räkelt? Ach, wie selbstbestimmt unsere Frauen doch sind! Reden wir ein Mal auch darüber, wenn wir vom Enthüllen reden!

niki.glattauer@kurier.at

Kommentare