Vertrauen der Konsumenten auf der Schlachtbank
Und wieder zeigt der Verein gegen Tierfabriken (VGT) Missstände in der Fleischwirtschaft auf. Diesmal nicht in einem Mastbetrieb, sondern in einem Schlachthof. Dass das, was sich dort abspielt, kein sprichwörtlicher Ponyhof ist, ist klar. Dass Mitarbeiter Hühner gegen einen Container schleudern, um den Tieren den Schädel und das Genick zu brechen, schon weniger. So zu sehen auf den Video-Aufnahmen der Tierschützer. Branchenvertreter sprechen von "tragischen Einzelfällen", ein mächtiger Handelsboss ortet längst "Systemversagen". Schließlich untergräbt jeder Skandal das Vertrauen der Konsumenten in Fleisch "Made in Austria". Irgendwann beschleicht jeden der vage Verdacht, dass es auch schon egal ist, ob das Tier diesseits oder jenseits der Landesgrenzen gequält wurde, bevor es zu einem Schnitzel verarbeitet wurde.
Zu den Fakten: In heimischen Hühnerställen gilt per Gesetz eine Besatzdichte von 30 Kilo pro Quadratmeter, in Italien sind es 42 Kilo. In manchen Ländern kräht überhaupt kein Hahn danach, wie viele Hühner in einen Stall gepfercht werden. Nebeneffekt: Die Produktionskosten sind deutlich niedriger als in Österreich. Damit können ausländische Mäster auch um rund ein Drittel billiger anbieten, wissen Branchenkenner. Und beobachten, dass einzelne Handelsketten auch zunehmend Geschäft mit billigem Importfleisch machen. Zu Lasten jener, die auf ein österreichisches Sortiment, österreichische Tierschutzstandards sowie ein entsprechendes Preisniveau setzen. Und Marktanteile verlieren. Gerade jetzt, in Zeiten hoher Inflation und niedriger Kaufkraft.
Etwa jedes zweite Kilo Fleisch wird in Aktion gekauft, bestenfalls zehn Prozent tragen ein Tierwohlgütesiegel, zeigen Branchenauswertungen. Das ist die Realität. Solange es den Betrieben entlang der Wertschöpfungskette nicht gelingt, zu erklären, welche Tierwohlstandards in den einzelnen Packungen stecken, wird sich daran auch nicht ändern. Und jeder weitere Skandal wird die Bereitschaft, für ein Gütesiegel-Produkt mehr zu bezahlen, weiter untergraben.
Kommentare