Wir sind ein reifes demokratisches Land

Heute versuchen wir es mit Optimismus: Die österreichischen Institutionen, die sich seit dem Jahr 1945 grundsätzlich bewährt haben, werden doch in der Lage sein, die Ursachen des Hypo-Skandals und spätere Fehler zu klären.

Am Umgang mit Minderheiten lässt sich die Reife einer Gemeinschaft gut ablesen. Also war es richtig, dass die damals noch bequemere Mehrheit aus SPÖ und ÖVP im Jahr 2009 der Minderheit zusagte, dass diese im Parlament U-Ausschüsse einsetzen darf. Hätte die Koalition das früher umgesetzt, wäre sie jetzt nicht unter Zugzwang (siehe Seite 4). Aber es ist auch sinnvoll, dass der Nationalrat eine neue Geschäftsordnung für Ausschüsse beschließt. Wir brauchen keine Inquisition, wo sich Ankläger zu Richtern aufspielen, sondern eine gewissenhafte Untersuchung. In Deutschland geht’s ja auch.

Dazu muss der Nationalrat per Verfassungsmehrheit beschließen, dass er auch die Vollziehung von Bundesländern beleuchten darf. Alle Steuerzahler, nicht nur die Kärntner, werden für die Hypo zur Kasse gebeten, also muss das Bundesparlament auch die Vorgänge der Landesregierung von Jörg Haider untersuchen, nicht nur die spätere Notverstaatlichung.

Schließlich sollten sich Regierungsparteien und Opposition bald über einen sinnvollen Zeitablauf einigen. Wenn die Griss-Kommission bis zum Jahresende fertig ist, kann ein U-Ausschuss auf deren Ergebnisse aufbauen und sich selbst einen klaren Prüfungsauftrag geben. Vielleicht ist es zu viel verlangt: Aber die Steuerzahler verdienen einen Ausschuss, der jenseits von Polit-Keppelei umstrittene Vorgänge aufklärt. Dann wäre die Überschrift bestätigt: Wir sind eine reife Demokratie.