Warum die Tradition einen Dämpfer erhielt

Die Südtiroler Volkspartei verlor die absolute Mehrheit – und hat alle Chancen für einen Neuanfang.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Die Südtiroler Volkspartei verlor die absolute Mehrheit – und hat alle Chancen für einen Neuanfang.

von Andreas Schwarz

über die Wahl in Südtirol

In Völs am Schlern, wo der neue Südtiroler Landeshauptmann herkommt, heißen gefühlt alle Einwohner Kompatscher – der Name hat Tradition. Und just Arno Kompatscher will mit einer anderen Tradition brechen: Nach zwei Landeshauptleuten, die zusammen mehr als 50 Jahre (!) im Amt gewesen sind, will der 42-Jährige die Amtszeit per Gesetz auf 15 Jahre beschränken. Ihm selbst, sagte er, reichen zehn.

Das hat ihn auch nicht davor bewahrt, gleich bei seiner ersten Wahl als Chef der Südtiroler Volkspartei den Verlust der absoluten Mandatsmehrheit hinnehmen zu müssen. Die SVP, Platzhirsch wie sonst nur die CSU in Bayern, hat sich das Geweih ramponiert.

Hauptgrund dafür war eine Reihe von Korruptionsskandalen, die bis in die SVP-Spitze reichten. Und die Tatsache, dass die Krise auch an Italiens zweitreichster Region nicht spurlos vorübergegangen ist. Da kommt in Zeiten, in denen absolute Mehrheiten ohnehin ein Auslaufmodell sind, auch eine verstaubte Erbpacht einmal ins Wanken. Und so ist auch der Zuwachs bei Freiheitlichen und Südtiroler Freiheit nicht ein Zuspruch zu deren Los-von-Rom-Programmen, sondern ein Zeichen des Protests, ebenso wie der Zugewinn der Grünen.

Eine Götterdämmerung sind die 45 Prozent Stimmen für die SVP aber nicht. Kompatscher steht für viele Südtiroler für Erneuerung und hat mit 81.000 Vorzugsstimmen jetzt schon ein Ergebnis wie einst Landesvater Luis Durnwalder. Er wird mit der italienischen Linkspartei eine Koalition bilden, einen moderaten Kurs gegenüber Rom fahren. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er mit Reformen in der Familien-, Sozial- und Demokratiepolitik punktet, gar Parteistrukturen aufbricht. Und dann wäre das mit der Tradition der absoluten SVP-Mehrheit auch noch nicht auf alle Zeiten Vergangenheit.

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