Strache steht sich als Partner selbst im Weg
Strache schaut neben Kern und Kurz nicht nur persönlich alt aus
Christian Kern geht auch noch bei Neuwahlen 2018 als Newcomer durch. Er hat die Führung der Sozialdemokraten vor zehn Monaten übernommen. Jedes TV-Duell hat noch das Zeug zur spannenden Premiere. Sebastian Kurz stieg nach einem turbulenten Einstieg 2011 als jüngster Staatssekretär blitzschnell in die Oberliga der heimischen Spitzenpolitik auf. Die spannende Nagelprobe als allein tonangebender Hoffnungsträger des bürgerlichen Lagers hat er noch vor sich.
Heinz-Christian Strache gehört schon zum Inventar der Republik. Er ist seit 20 Jahren Berufspolitiker und seit 12 Jahren FPÖ-Chef. In Wien und im Bund ist er abwechselnd mit der Parole in Wahlkämpfe gezogen, die Nummer 1 vom Thron zu stoßen. Nix Bürgermeister, nix Kanzler – als bald ewiger Herausforderer ist er am Ende immer wieder dort gelandet, wo er gestartet ist. Auf der Zuschauerbank als Chef der größten Oppositionspartei.
Bei der Wahl 2017/’18 steht der Oberblaue vor einem Dilemma, das weit darüber hinausgeht: Strache schaut neben Kern und Kurz nicht nur persönlich alt aus. Der FPÖ-Chef geht immer noch mit Haiders bald 20 Jahre alten Parolen in Sachen EU und Ausländer hausieren, die längst Regierungsprogramm sind. Da wird die Ansage, "die wahren Patrioten" seien die Blauen, nicht reichen.
Chance auf Regierungsehe so groß wie nie
Ob künftig Rot oder Schwarz mit Blau regieren, ist zwar noch vollkommen offen. Sicher ist, die theoretische Chance, mitzuregieren ein Jahrzehnt nach dem unrühmlichen Ende von Blau/Orange-Schwarz , ist so gut wie schon lange nicht. An eine Regierungsehe Kern & Kurz oder gar Kurz & Kern glauben auch strenggläubige Großkoalitionäre nicht. Die zuletzt eine Million FPÖ-Wähler erwarten zudem zu Recht, als Machtfaktor ernst genommen zu werden. Die größte Krux für Rot und Schwarz: Die Strache-FPÖ steht sich dabei mehrfach selbst im Wege. Blau ist eine Braut, der potenzielle Partner noch immer nicht trauen. Nicht nur der Paradeunternehmer und bekennende Liberale Hans Peter Haselsteiner warnte vor einer Machtergreifung der FPÖ am Beispiel Hofburg: "Kommt Hofer, kommt Öxit." Auch in der ÖVP, in der nicht wenige schon heftig mit Schwarz-Blau liebäugeln, gibt es gewichtige Stimmen, die dringend davon abraten, sich mit einer Anti-Europa-Partei einzulassen.
Dazu kommt: Niemand weiß, mit welcher Mannschaft Strache in eine Regierung einziehen würde. Wofür die Blauen als Regierungspartei in der Ära Haider/Meischberger/Grasser standen, ist sattsam bekannt. Die Hinterlassenschaft der paar Jahre an der Macht beschäftigt seit einem Jahrzehnt noch immer die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Wofür die Strache-Kickl-Hofer-FPÖ in Sachen Realpolitik und Regierungspersonal steht, ist eine Blackbox. Auf der wird vor dem Fall des Koalitionsfalles bald mehr stehen müssen als der legendäre Satz, mit dem Norbert Hofer im Präsidentschafts-Wahlkampf seinen möglichen Sieg entscheidend verspielte: "Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist."
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