SPÖ setzt alles auf eine Karte: Häupl, wer sonst
Im Match der fokussierten Emotionen hat der Instinktpolitiker Michael Häupl noch immer die besten Karten
30 Tage sind es noch bis zum großen Stimmungstest im Lande. Die Wien-Wahl war immer schon ein Barometer für die politische Großwetterlage. Hier gelang es Jörg Haider in den 90er-Jahren erstmals, massiv in die rote Hochburg Gemeindebau einzubrechen. Hier wurden die Blauen 2005 einmalig wieder auf jenes Niveau zertrümmert, bei dem heute die Wiener ÖVP ihr Dasein fristet. Michael Häupl, seit 20 Jahren Stadtchef und mehr als einem Jahrzehnt mächtigster SPÖ-Politiker Österreichs, steht vor seiner größten Herausforderung. Der dieser Tage 66-Jährige hat die Wahl selbst zum finalen Showdown zwischen Rot und Blau ausgerufen. Häupl hätte sich mit Strache lieber über dessen unbekannte Rezepte für mehr Jobs, billigere Wohnungen und bessere Bildung duelliert. Der 11. Oktober droht nun zu einer Abstimmung über den Umgang mit Flüchtlingen in Österreich und ganz Europa zu werden.
Häupl laviert nicht oder biedert sich an blaue Angstbeißer-Parolen an – wie zuletzt erfolglos Parteifreund Niessl. "Für uns sind Flüchtlinge nicht Feinde oder sonst etwas, sondern arme Leute, die um ihr Leben rennen. Da muss man einfach helfen", proklamiert er. Kein heimischer Politiker hat sich mitten im Wahlkampf derart klar in Sachen Asyl positioniert. Und das angesichts von Umfragen, die der SPÖ schwere Verluste und der FPÖ massive Gewinne prognostizieren (siehe Berichte Seiten 20/21).
Am Wahlabend wird der am besten dastehen, dem es gelingt zu vermitteln, dass er in Zeiten, wo kein Stein mehr auf dem anderen zu bleiben scheint, Kurs hält und weiß, wo es langgeht. In diesem Match der fokussierten Emotionen hat der Instinktpolitiker mit starken intellektuellen Wurzeln noch immer die besten Karten.
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