Oktoberrevolution als bürgerliches Drama
Die ÖVP-Dame Stenzel suchte ein Mandat und FPÖ-Chef Strache seinen Spaß.
Der Wechsel der Wiener Politikerin Ursula Stenzel von der ÖVP zur FPÖ hat wenig mit Straches Geschick oder der Attraktivität seiner Partei zu tun. Hier entsteht auch kein Bürgerblock, denn die Freiheitlichen sind nicht bürgerlich und Frau Stenzel wird in der FPÖ nichts zu sagen haben. Es ist vielmehr die vorletzte Bankrotterklärung der Wiener ÖVP, die letzte folgt am Wahltag, dem 11. Oktober.
Die Wiener ÖVP ähnelt einer Sekte, wo sich immer weniger Mitglieder immer großartiger finden. Begabte Frauen und Männer, die durch eigene Gedanken auffielen, wechselten zu den Neos. Auf die eigensinnige Ursula Stenzel, die für die ÖVP immerhin Europawahlen und den 1. Bezirk gewonnen hat, wurde verzichtet. Und die Spitze der Bundespartei sieht seit Jahrzehnten unbeteiligt zu, wie in der Hauptstadt die Wähler verloren gehen.
In einem Klima, in dem Überzeugungen als hinderlich gelten und Parteiwechsel als modisch, tauscht eine Frau Stenzel ihre persönliche Geschichte und ihr politisches Lebenswerk gegen ein Gemeinderatsmandat ein. Als Wirtschaftsliberale findet sie Gemeindebauten nicht annähernd so attraktiv wie die FPÖ, als begeisterte Europäerin ist sie angewidert, wie die Freiheitlichen über die EU reden. Aber was soll’s. Das Ende der Karriere war offenbar zu schmerzhaft. Wenn sie uns und sich nur irgendwelche fadenscheinigen Begründungen ersparen würde.
Rot-grün verhindern will die ehemalige Schwarze. Dieser Satz ist überhaupt das ärgste Eingeständnis des Scheiterns einer Bürgerlichen. Wenn sie dafür eine " Oktoberrevolution" braucht, dann waren die Jahre Stenzels in der Politik geradezu dramatisch wertlos.
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