Ob das noch einmal fünf Jahre werden?

SPÖ und ÖVP haben ein paar sinnvolle Maßnahmen beschlossen. Wichtige Projekte bleiben umstritten
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

SPÖ und ÖVP haben ein paar sinnvolle Maßnahmen beschlossen.

von Dr. Helmut Brandstätter

über die Rot-Schwarze Koalition

Konrad Adenauer wurde mit 73 Jahren erster deutscher Kanzler nach dem Krieg. Er gab seine Lebenserfahrung gerne in Sinnsprüchen weiter: „Machen Sie sich einmal unbeliebt, dann werden Sie ernst genommen.“ Wenn es danach geht, muss die neue Bundesregierung ernst genommen werden. Denn sie kann nur unbeliebt sein. Wer zehn Wochen verhandelt, begleitet von Informationssperre, Reformversprechen und dramatischen Appellen, und dann mit zwei Staatssekretären weniger und kaum neuen Projekten antritt, kann keine große Zustimmung erwarten. Aber wird die Regierung wenigstens ernst genommen?

Wie nie zuvor haben Landespolitiker das Programm einer Bundesregierung bestimmt. Damit waren echte Reformen schon nicht mehr möglich. Denn unsere Verfassungsväter konnten sich schon bei zu Beginn der ersten Republik nicht entscheiden, was sie wollten. Also haben wir einen Bundesstaat, der – realpolitisch – nur darf, was ihm die Länder gestatten. Und die wollen eben Förderungen verteilen, egal ob der Bund an dieselbe Adresse auch Förderungen verteilt. Und die Länder reden gerne von der Abschaffung von Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung, aber davon reden sie schon lange und werden auch noch lange davon reden.

Immerhin bekennt sich die Regierung dazu, „eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern zu schaffen“, aber den in seiner Form sinnlosen Bundesrat traut sie sich nicht anzutasten, er soll „in seinen Aufgaben gestärkt, in seiner Zusammensetzung verschlankt “ werden. Österreichischer, also kompromisslerischer kann man es nicht formulieren.

Wir werden auch weiter ein „ungerechtes und leistungsfeindliches Steuersystem“ (© Maria Fekter) haben. Dass sich im Regierungsprogramm ein Punkt „Neue Gründerwelle auslösen“ findet, ist lieb, die Maßnahmen dafür aber sind bescheiden.

Grundlagen für künftigen Streit

Dafür hat die Regierung in ihr neues Programm gleich mehrere Bruchstellen eingebaut. Bei der Einkommenssteuer etwa will man den Eingangssatz auf 25 Prozent senken. Allerdings nur, wenn es eine Gegenfinanzierung gibt. Also werden SPÖ und ÖVP bis zur nächsten Wahl über vermögensbezogene Steuern streiten.

Oder das Thema Privatisierungen: Diese werden als Ziel genannt, gleichzeitig, soll „geprüft“ werden, ob es neue Beteiligungen des Bundes gibt. Auch das bietet viel Raum für ideologiebelasteten Streit.

Bleibt als Pluspunkt das neue „Amt der Bundesregierung“, das die Bundesverwaltung billiger und effizienter machen soll. Ob das gelingt, werden wir erst sehen.

Positiv ist sicher auch der vorgesehene Ausbau von Ganztagsschulen. Und schließlich soll das faktische Pensionsalter deutlich nach oben gesetzt werden, um 1,6 Jahre bis 2018. Sollte das nicht gelingen, wird aber das Gerangel um weitere Maßnahmen wieder losgehen.

Diese Regierung ist im Moment ohne Alternative. Die Wählerinnen und Wähler haben keine andere realistische Mehrheit ermöglicht. Aber es müssten schon mehrere Wunder geschehen, wenn diese Regierung als kraftvolle Reformtruppe auftreten will. Halten wir uns am israelischen Staatsgründer David Ben Gurion fest: „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“

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